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Sonderausgabenabzug bei Zahlung von Versorgungsleistungen

Steuernachrichten 12/17 – 02.2011 –Im Folgenden geht es um den Sonderausgabenabzug bei Versorgungsleistungen.

In seinem Urteil vom 18.08.2010 (Az.: X R 55/09) hat der BFH entschieden, dass eine Umschichtung des überlassenen Vermögens durch den Vermögensübernehmer in nicht ausreichend Ertrag bringende Wirtschaftsgüter zu einer Versagung des Sonderausgabenabzugs der wiederkehrenden Leistungen führt.

Im zugrunde liegenden Fall übertrugen Eltern im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge ein bebautes Grundstück gegen Zahlung von monatlich wiederkehrenden Leistungen. In den Verträgen war die Anwendbarkeit der gegenseitigen Abänderbarkeit der Versorgungsrente gem. § 323 ZPO ausdrücklich vereinbart. In den Jahren 2001 und 2003 veräußerten die Kinder das übertragene Grundstück und verwendeten den Erlös zur Tilgung von Darlehn. Ab dem 01.07.2003 reduzierten sie die monatlichen Versorgungsleistungen an die Eltern. Das Finanzamt (FA) erkannte die Zahlungen ab diesem Zeitpunkt nicht mehr als Versorgungsleistungen an, sondern behandelte sie als Unterhaltsrenten, weil das überlassene Grundstück veräußert worden und keine existenzsichernde und ausreichend Ertrag bringende Wirtschaftseinheit mehr vorhanden sei.

Der BFH führte aus, dass ein maßgebendes Kriterium für eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen die Vergleichbarkeit mit dem Vorbehaltsnießbrauch ist. Der Vermögensübergeber hat sein Vermögen ähnlich wie beim Nießbrauchsvorbehalt ohne die vorbehaltenen Erträge übertragen, die nunmehr allerdings vom Vermögensübernehmer erwirtschaftet werden müssen. Wiederkehrende Leistungen sind nur dann als Sonderausgaben abziehbar, wenn sie aus den Nettoerträgen des überlassenen Vermögens gezahlt werden können. Die ab Juli 2003 an die Eltern gezahlten wiederkehrenden Leistungen sind nicht als Sonderausgaben abziehbar, weil die Kinder das übergebene Vermögen nicht in ausreichend Ertrag bringendes Vermögen umgeschichtet haben, und mit der Herabsetzung der Versorgungsleistungen dient der Vertrag nicht mehr der Versorgung der Eltern. Dies lässt auf den fehlenden Rechtsbindungswillen der Beteiligten schließen.

In einem Urteil vom 15.09.2010 (Az.: X R 13/09) hatte der BFH über den Sonderausgabenabzug von Versorgungsleistungen zu entscheiden, die über einen längeren Zeitraum von 17 Monaten ausgesetzt worden waren. Der BFH entschied, dass die weiteren Zahlungen nach Wiederaufnahme der ursprünglich vereinbarten Leistungen nicht als Sonderausgaben abziehbar sind. Änderungen des bestehenden Versorgungsvertrages hätten nur dann steuerlich berücksichtigt werden können, wenn die Änderungen von den Vertragsparteien schriftlich fixiert worden wären. Das gravierende vertragswidrige Verhalten über einen längeren Zeitraum zeigt den fehlenden Rechtsbindungswillen der Parteien und lässt den Übergabevertrag als Ganzes deshalb nicht unberührt. Auch wenn die Beteiligten nach der Unterbrechung den Versorgungsvertrag vertragsgerecht erfüllen, kommt ein Abzug als Sonderausgaben nicht in Betracht. Allerdings hat auch der Vermögensübergeber, der über einen längeren Zeitraum keine Versorgungsleistungen erhalten hat, bei Wiederaufnahme der Zahlungen keine sonstigen Einkünfte zu versteuern. Wenn jedoch die Versorgungsleistungen nur vorübergehend reduziert werden und danach wieder vertragsgemäß geleistet werden, so ist ein Abzug als dauernde Last für den Zeitraum der Reduzierung zwar ausgeschlossen, weil den Beteiligten der Rechtsbindungswille fehlt. Aber nach Rückkehr zu vertragsgerechtem Verhalten ist die dauernde Last wieder als Sonderausgabe abziehbar und beim Empfänger als sonstige Einkünfte zu versteuern (BFH vom 15.09.2010 aaO). Künftig wird sich daher die Frage stellen, welcher Zeitraum vertragswidrigen Verhaltens und welche Restzahlungsbeträge den Rechtsbindungswillen nicht zerstören. Allein die verspätete Überweisung von Versorgungsleistungen rechtfertigt nicht den Schluss, dass Parteien ihren vertraglichen Pflichten insgesamt nicht mehr hätten nachkommen wollen (BFH vom 15.9.2010, Az.: X R 10/09). Die Art und Weise der Zahlung stellt vielmehr nur ein Kriterium von mehreren dar und kann für sich allein betrachtet nicht den Ausschlag für oder gegen die Anerkennung des Versorgungsvertrages geben.

Vorliegend hatte der Kläger von seinen Eltern im Wege der vorweggenommenen Erbfolge das Eigentum an zwei vermieteten Hausgrundstücken erhalten. Der Kläger wurde Vermieter dieser Hausgrundstücke und verpflichtete sich, seinen Eltern auf Lebenszeit monatlich 2.000 Euro, zahlbar jeweils im Voraus bis zum Dritten des Kalendermonats als dauernde Last zu bezahlen.

Das Finanzamt lehnte den Sonderausgabenabzug für das Jahr 2005 – im Gegensatz zu den Jahren zuvor – ab. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Versorgungsleistungen nicht wie vertraglich vereinbart gezahlt worden seien. Danach hätten die Zahlungen jeweils zum Dritten eines Kalendermonats erfolgen müssen, sie seien jedoch erst zum Monatsende oder im Folgemonat erfolgt.

Nach den Ausführungen des BFH hat das Finanzgericht zu Unrecht wegen der verspäteten Zahlungen einen fehlenden Rechtsbindungswillen der Parteien bei der Durchführung des Übergabevertrags angenommen und die Rentenzahlungen demnach nicht als Sonderausgaben anerkannt.

Allein die verspätete Zahlung rechtfertigte nicht den Schluss, die Parteien hätten ihren vertraglichen Pflichten insgesamt nicht mehr nachkommen wollen. Der BFH hat hinsichtlich des Rechtsbindungswillens bei Vermögensübergabe- und Versorgungsverträgen bereits in seinem Vorlagebeschluss an den Großen Senat des BFH die Auffassung vertreten, lediglich die Unregelmäßigkeit der Zahlungen führe für sich allein nicht zur Nichtanerkennung einer dauernden Last. Daran hielt der BFH auch im vorliegenden Fall fest, da die Art und Weise der Zahlung der Versorgungsleistungen nur eines von mehreren Kriterien ist. Sie kann deshalb nicht für sich allein betrachtet den Ausschlag für oder gegen die Anerkennung des Versorgungsvertrags geben, sondern nur in einer Gesamtschau mit weiteren Indizien in die Abwägung einfließen, ob die Parteien einen Rechtsbindungswillen besitzen.

Im Streitfall sprachen neben den unpünktlichen Zahlungen keine weiteren Kriterien gegen den Rechtsbindungswillen der Parteien des Vermögensübergabevertrags. Vielmehr hatten die Vertragsparteien die sonstigen gegenseitigen Pflichten auch tatsächlich beachtet. Lediglich eine Altenteilleistung für den Monat Dezember 2005 wurde erst am 25.1.2006 gezahlt. Da die Regelungen des § 11 EStG auch im Bereich der Sonderausgaben Anwendung findet und die Zahlung nicht lediglich kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres vorgenommen wurde, konnte die Versorgungsleistung für den Monat Dezember 2005 nicht im Streitjahr als Sonderausgabe berücksichtigt werden.