Steuernachrichten 6/17 – 02.2011 –In seiner Entscheidung vom 9.9.2010 (Az.: IV R 47/08) hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit der Frage befasst, ob die für den Erwerb von Reinvestitionsgütern aufgewandte Umsatzsteuer zu den Anschaffungs-/Herstellungskosten gehört.
Der Entscheidung lag der folgenden Fall zugrunde: Herr und Frau M. betrieben in der Form einer Ehegattengemeinschaft einen Weinbaubetrieb. Ihren Gewinn ermittelten sie nach § 4 Abs. 3 EStG, ihre Umsätze versteuerten sie gemäß § 24 des UStG nach Durchschnittssätzen für luf Betriebe. Im Wirtschaftsjahr 1997/98 veräußerten sie ein betriebliches Grundstück. Den dabei erzielten Veräußerungsgewinn stellten sie in eine Rücklage gem. § 6c Abs. 1 Sätze 1 und 2 i.V.m. § 6b Abs. 3 Satz 1 EStG ein.
Das Finanzamt berücksichtigte jedoch nicht die in den Rechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer als reinvestitionsfähige Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten. Herr und Frau M. wehrten sich. Der BFH entschied schließlich, dass die in Rechnung gestellte USt nicht zu den Anschaffungs-/ Herstellungskosten der Reinvestitionsgüter gehört.
Nach § 9b Abs. 1 EStG gehört der Vorsteuerbetrag, soweit er bei der Umsatzsteuer abgezogen werden kann, nicht zu den Anschaffungs-/ Herstellungskosten des Wirtschaftsguts, auf dessen Anschaffung oder Herstellung er entfällt.
Diese Regelung findet auch auf Land- und Forstwirte Anwendung, die ihre Umsätze nach Durchschnittssätzen versteuern. Allerdings besteht dabei die Besonderheit, dass die Vorsteuerbeträge nicht in der tatsächlich entstandenen Höhe, sondern pauschaliert abgezogen werden. Mit den Vorsteuerpauschalen entfällt ein weiterer Vorsteuerabzug. Die Regelung dient der Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens.
Ungeachtet der Ungenauigkeiten, die jede Pauschalierung mit sich bringt, sollen mit der Pauschalierung gemäß § 24 Abs. 1 Satz 3 UStG dem Grunde nach alle tatsächlich angefallenen Vorsteuerbeträge erfasst und abgegolten sein. Demnach gehören auch bei einem Durchschnittssatzversteuerer die Vorsteuerbeträge nicht zu den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten. Der BFH führt aus, dass der Wortlaut des § 9b Abs. 1 EStG auch dahin zu verstehen sein könnte, dass der nicht mit der geschuldeten Umsatzsteuer zu verrechnende Vorsteuerbetrag zu den Anschaffungskosten oder Herstellungskosten der Reinvestitionsgüter gehört, weil er insoweit bei der Umsatzsteuer nicht abgezogen werden kann. An dieser bisher angedeuteten Auffassung hält der BFH jedenfalls für den vorliegenden Fall nicht mehr fest. Gegen eine solche Auslegung sprächen die erheblichen Verwaltungserschwernisse. Eine teilweise Berücksichtigung der tatsächlichen Vorsteuerbelastung bei den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten würde zunächst voraussetzen, dass in einem ersten Schritt festgestellt werden müsste, ob die tatsächliche Vorsteuerbelastung den pauschalierten Vorsteuerabzug übersteigt. Da Letzterer an die Umsätze des Durchschnittssatzversteuerers anknüpft, könnte nicht isoliert nur an die Vorsteuerbeträge angeknüpft werden, die in den die Reinvestitionen betreffenden Rechnungen der anderen Unternehmer ausgewiesen worden sind. Läge danach eine tatsächlich verbleibende Vorsteuerbelastung vor, müsste diese in einem zweiten Schritt allen vorsteuerbehafteten Lieferungen und Leistungen wieder anteilig zugeordnet werden. Nur soweit die tatsächlich verbleibende nicht abziehbare Vorsteuer anteilig auf die Reinvestitionsgüter entfällt, käme eine zusätzliche Aktivierung als Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten in Betracht.