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Entgeltliche Ablösung eines Vorbehaltsnießbrauchs beim Übernehmer

Steuernachrichten 1/11 – 03.2011 –In einer Verfügung vom 28.1.2011 hat sich das Bayerische Landesamt für Steuern (LfSt Bayern, – Az.: S 2196.1.1 – 2/1 St32) mit der ertragsteuerlichen Behandlung einer entgeltlichen Ablösung eines Vorbehaltsnießbrauchs beim Übernehmer befasst.

Wenn ein bebautes Grundstück unentgeltlich übertragen wird und sich der Übergeber ein Nießbrauchsrecht am gesamten Grundstück vorbehält, so ist in dem vorbehaltenen Nießbrauchsrecht keine Gegenleistung des Grundstückserwerbers zu sehen. So urteilte der Bundesfinanzhof (BFH) in seiner Entscheidung vom 24.4.1991 (Az.: XI R 5/83). Zu begründen ist die Entscheidung damit, dass wirtschaftlich gesehen sowohl die Verfügungs- als auch die Nutzungsmöglichkeiten beim Übergeber verbleiben und der Übernehmer lediglich ein um das Nutzungsrecht gemindertes Eigentum an dem besagten Grundstück erhält (so bereits BFH vom 28.7.1981, Az.: VIII R 124/76). Da der Übergeber die Nutzungsmöglichkeiten am Grundstück behält, geht auch nur der Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf den Übernehmer über, der auf das belastete Grundstück entfällt. Dieser Teil der Anschaffungs- oder Herstellungskosten ist nach dem Verhältnis der Verkehrswerte des belasteten Grundstücks zu dem unbelasteten Grundstück zu errechnen.

Keine Rolle spielt dabei, dass der Übernehmer Absetzungen für Abnutzung (AfA) erst dann in Anspruch nehmen kann, wenn er aus dem Grundstück Einkünfte erzielt (z.B. nach Beendigung bzw. Ablösung des Nießbrauchsrechts). Genauso wenig zählt, dass der Vorbehaltsnießbraucher während des Bestehens des Nießbrauchsrechts die AfA auch weiterhin aus den ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten in Anspruch nehmen kann.

Sofern der Nießbrauch zu einem späteren Zeitpunkt entgeltlich abgelöst wird, erhält der Übernehmer die vollständige wirtschaftliche und rechtliche Verfügungsmacht an dem Grundstück. Die vom Übernehmer getätigten Aufwendungen für diese Ablösung sind Anschaffungskosten hinsichtlich des Grundstücks, wobei eine Aufteilung in einen Grund und Boden- sowie einen Gebäudeanteil nach dem Verhältnis der Verkehrswerte im Jahr der Ablösung zu erfolgen hat (BFH vom 21.7.1992 Az. IX R 72/90).

Beispiel: Im Jahr 2000 hat der Übergeber ein bebautes Grundstück mit einem Verkehrswert von 1 Mio. Euro (Anteil GuB 30 %) übertragen und sich den Nießbrauch an dem Grundstück vorbehalten, dessen Wert betrug 200.000 Euro. Im Jahr 2010 wird das Nießbrauchrecht durch Zahlung des Gegenwartswerts i.H.v. 150.000 Euro abgelöst (Verkehrswert des bebauten Grundstücks im Jahr 2010 1,2 Mio. Euro; Anteil von Grund und Boden weiterhin 30 %). Der Übernehmer (= Eigentümer) tritt nach Ablösung in die bestehenden Mietverträge ein.

Lösung: Das belastete bebaute Grundstück geht im Jahr 2000 unentgeltlich auf den Übernehmer über. Wertmäßig erhält der Übernehmer daher nur (1 Mio. Euro abzüglich 200.000 Euro) 800.000 Euro, also 80 % des unbelasteten Grundstücks. Im Jahr 2010 entstanden nachträgliche Anschaffungskosten i.H.v. 150.00 Euro für das gesamte Grundstück; Anteil Grund und Boden (30 %) zum Zeitpunkt der Ablösung: 45.000 Euro, die restlichen 105.000 Euro sind nachträgliche Anschaffungskosten für das Gebäude. Hinsichtlich des im Jahr 2000 unentgeltlich übertragenen Anteils am Grundstück i.H.v. 80 % kann der Übernehmer vom Übergeber 80 % der ursprünglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten für das Gebäude fortführen. Er setzt demnach auch die AfA-Art des Übergebers fort.

Bei Wegfall des Nießbrauchsrechts durch Tod oder Verzicht geht das gesamte Grundstück unentgeltlich auf den Übernehmer über; die bisherige Abschreibung des Übergebers wird vom Übernehmer unverändert fortgeführt.