Steuernachrichten 5/16 – 04.2011 –Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat zur Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen bei der Abgabe verzehrfertiger Speisen Stellung genommen (Urteil vom 10.3.2011, Az.: C-497/09, Az.: C-499/09, Az.: C-501/09 und Az.: C-502/09).
Die Entscheidung befasst sich mit der Frage, welche Zubereitungsstätigkeiten und Verzehrvorrichtungen hierbei als Dienstleistungselemente zu berücksichtigen sind. Insbesondere betrifft dies die Berücksichtigung der Zubereitung einer Speise als ein wesentliches Dienstleistungselement. Hiervon abzugrenzen sind diejenigen Be- und Verarbeitungsvorgänge, die der Herstellung eigenständiger Nahrungsmittel dienen, wie z. B. das Backen eines Brötchens. Werden Speisen an Imbissständen oder im Kino zum sofortigen Verzehr abgegeben, stellt dies eine Lieferung von Nahrungsmitteln dar, die dem ermäßigten Mehrwertsteuersatz unterliegt. Anders sieht die Beurteilung bei den Leistungen eines Partyservices aus. Dabei wird von einer Dienstleistung ausgegangen, die dem Regelsteuersatz unterliegt. Dies hat der EuGH auf eine Vorlage des Bundesfinanzhofes entschieden.
Der EuGH führt aus, dass bei der Prüfung, ob eine Leistung als „Lieferung von Gegenständen“ oder aber als „Dienstleistung“ einzustufen sei, eine Gesamtbetrachtung der mit dem Umsatz einhergehenden Leistungselemente aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers vorzunehmen sei und dabei nicht auf die Anzahl der Dienstleistungselemente abgestellt werden kann. Er stellt zunächst klar, dass trotz der vorliegenden Kombination aus Lieferung und verschiedenen Handlungen mit Dienstleistungscharakter eine komplexe einheitliche Leistung vorliegt.
Bei Verkauf von Nahrungsmitteln an Imbisswagen und -ständen oder in Kinos zum sofortigen Verzehr sieht der EuGH die Lieferung von Speisen als das dominierende Element an, denen die einfache, standardisierte Zubereitung wesenseigen sei. Die Bereitstellung von behelfsmäßigen Vorrichtungen, die den Kunden den Verzehr an Ort und Stelle erlaubt, sei als rein untergeordnete Nebenleistung anzusehen. Hier sei kein Kellnerservice, keine Beratung der Kunden, keine Bedienung im eigentlichen Sinne, keine Garderobe, keine Toiletten und kein Geschirr oder Mobiliar vorhanden. Daraus folgt, dass die Abgabe von Speisen oder Nahrungsmitteln zum sofortigen Verzehr an Imbissständen/-wagen oder in Kinos eine Lieferung von Gegenständen ist.
Hinsichtlich der Leistungen eines Partyservices ist eine differenzierte Prüfung erforderlich. Hier ist der Dienstleistungsanteil wesentlich umfangreicher, da mehr Arbeit und Sachverstand, wie etwa hinsichtlich der Kreativität und der Darreichungsform der Gerichte, erforderlich sei. Die Auswahl oder Zusammenstellung der Speisen muss sich nach dem jeweiligen Kundenwunsch richten, und die Lieferung muss zu dem vom Kunden festgelegten Zeitpunkt erfolgen. Diese Leistungen könnten auch Elemente umfassen, die dem Verzehr dienlich seien oder einen gewissen personellen Einsatz erforderten (Bereitstellung von Geschirr, Besteck und Mobiliar sowie deren Reinigung). Demnach stellt die Tätigkeit eines Partyservices grundsätzlich nach den Ausführungen des EuGH eine Dienstleistung dar.
Für den Partyservice lässt sich festhalten: Seine Tätigkeiten sind Dienstleistungen. Ausnahme: Fälle, in denen dieser lediglich Standardspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement liefert oder in denen weitere besondere Umstände belegen, dass die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist.
Das Urteil des EuGH hat Auswirkungen auf die Landwirtschaft für die Beurteilung der Abgabe von Speisen und Getränken in Besen- und Straußwirtschaften oder für die Beurteilung des Weinausschanks bei Hoffesten oder in Vinotheken.