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Gebührenpflicht für verbindliche Auskünfte nicht verfassungswidrig

Steuernachrichten 6/16 – 04.2011 –Steuerpflichtige haben gegenüber den Finanzbehörden einen gesetzlichen Anspruch auf Auskunft über die Beurteilung genau bestimmter Sachverhalte, sie können einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft beim Finanzamt stellen (§ 89 Abs. 2 AO). Bei dem Auskunftsverfahren handelt es sich um ein eigenständiges Verwaltungsverfahren, in dem die Finanzbehörde gegenüber dem Auskunft suchenden eine individuelle Dienstleistung erbringt.

Als Gegenleistung für die Bearbeitung des Antrags wird eine Auskunftsgebühr erhoben. Diese richtet sich nach dem Gegenstandswert; sie beträgt mindestens 121 Euro und höchstens 91.456 Euro. Kann ein Gegenstandswert nicht bestimmt werden, so wird mit einer Zeitgebühr von 50 Euro je angefangene halbe Stunde gerechnet.

Das Verfahren zur Erteilung verbindlicher Auskünfte über die steuerliche Beurteilung noch nicht verwirklichter Sachverhalte wurde durch das Jahressteuergesetz (JStG) 2007 in das Gesetz aufgenommen. Mit der Gebühr sollte zum einen der Verwaltungsaufwand abgegolten und zum anderen der Vorteil abgeschöpft werden, den der Steuerpflichtige mit der Beantragung der verbindlichen Auskunft erreichen möchte.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinem Urteil vom 30.3.2011 (Az.: I R 61/10) entschieden, dass die gesetzliche Gebührenpflicht für die Bearbeitung von Anträgen auf verbindliche Auskünfte nicht gegen das Grundgesetz verstößt. Mit Beschluss vom 30.3.2011 (Az.: I B 136/10) hat er es als nicht ernstlich zweifelhaft angesehen, dass die Auskunftsgebühr auch verfassungsgemäß ist, wenn sie im Einzelfall besonders hoch ausfällt (im Streitfall über 91.000 EUR), soweit ihre Höhe sich nach der vom Finanzamt für die Bearbeitung des Antrags aufgewendeten Zeit richtet.

Der BFH begründete seine Entscheidung damit, dass der Antragsteller mit der Auskunft schon vor der Verwirklichung des geplanten Sachverhalts Kenntnis über die steuerliche Beurteilung durch die zuständige Finanzbehörde erhält. Dadurch bewirkt die Auskunft eine Selbstbindung der Verwaltung im künftigen Besteuerungsverfahren, die auch die Gerichte zu beachten haben. Ebenfalls sind die Regelungen zur Höhe der Wertgebühr nicht verfassungswidrig, denn der Gesetzgeber darf generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, die verlässlich und effizient vollzogen werden können.

Die Gerichte dürfen im Falle der inhaltlichen Unrichtigkeit der Auskunft das materiell als zutreffend angesehene Recht nicht zu Lasten des Auskunftssuchenden anwenden. In der Bindungswirkung liegt mithin ein individuell dem Auskunftsadressaten zuzurechnender Sondervorteil. Eine Verpflichtung, dem Steuerpflichtigen das zur Erreichung dieses Vorteils erforderliche Verwaltungsverfahren kostenfrei zur Verfügung zu stellen, kann aus den im Bereich der Eingriffsverwaltung bestehenden Fürsorge- und Betreuungspflichten der öffentlichen Hand nicht abgeleitet werden.

Der vorgebrachte Einwand, auch die Finanzverwaltung profitiere von der verbindlichen Auskunft, weil sie dadurch im späteren Veranlagungsverfahren und bei einer möglichen steuerlichen Außenprüfung entlastet werde, überzeugte das Gericht nicht. Die Finanzbehörden hätten deshalb in den späteren Verfahren auch zu prüfen, ob die erteilte Auskunft möglicherweise zuungunsten des Steuerpflichtigen dem geltenden Recht widerspricht, und müssten sich ggf. mit den insoweit vorgebrachten Einwänden des Steuerpflichtigen befassen. Eine annähernd mit den Vorteilen des Auskunftssuchenden zu vergleichende Besserstellung der Finanzbehörde in den späteren Besteuerungs- und Prüfungsverfahren führe die Durchführung des Auskunftsverfahrens somit nicht herbei.