In einer Entscheidung vom 19.7.2011 – IV R 10/09 befasste sich der Bundesfinanzhof (BHF) mit der Betriebsvermögenseigenschaft eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs. Dieser Entscheidung lag der folgende Sachverhalt zugrunde: Der Landwirt L ist Eigentümer eines in B gelegenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, dessen forstwirtschaftlichen Teil er selber bewirtschaftet. Die zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden Flächen hatte er vollständig verpachtet. Die Pachteinnahmen erfasste er als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Die Gewinne aus Land- und Forstwirtschaft ermittelte er durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Für Gewinne aus früheren Flächenverkäufen hatte L eine Rücklage gem. § 6b EStG gebildet, die er in voller Höhe auf ein im Streitjahr erworbenes landwirtschaftliches Grundstück übertrug und die Rücklage in der Bilanz soweit auflöste.
Das Grundstück war bereits zum Zeitpunkt des Erwerbs verpachtet, die Pachtverträge wurden gekündigt, und der Kläger bewirtschaftete das Grundstück selber.
Im Rahmen einer Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Einkünfte aus der Verpachtung des Grundstücks als solche aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen seien, da das Grundstück u.a. wegen der Entfernung zu der Hofstelle (ca. 80 bis 90 km) kein Betriebsvermögen sei. Eine Übertragung der Rücklage auf das Grundstück komme daher nicht in Betracht. Vielmehr sei die Rücklage in voller Höhe Gewinn erhöhend aufzulösen und ein Gewinnzuschlag gemäß § 6b Abs. 7 EStG zu erfassen.
Landwirt L sah dies anders und klagte. Der BFH kam im Rahmen des Revisionsverfahrens zu dem Ergebnis, dass ein landwirtschaftliches Grundstück, welches im Zeitpunkt des Erwerbs an einen Dritten verpachtet ist, unmittelbar zum notwendigen Betriebsvermögen eines landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Betriebs gehört, sofern die beabsichtigte Eigenbewirtschaftung in einem Zeitraum von bis zu zwölf Monaten erfolgt. Dies gilt auch bei einem Verpachtungsbetrieb, sofern das hinzuerworbene Grundstück, welches im Zeitpunkt des Erwerbs an einen Dritten verpachtet ist, in einem Zeitraum von bis zu zwölf Monaten von dem bisherigen Betriebspächter bewirtschaftet wird.
Wenn eine Eigennutzung bzw. Fremdnutzung des hinzuerworbenen Grundstücks durch den Inhaber bzw. den Pächter des landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Betriebs nicht innerhalb von zwölf Monaten möglich sein sollte, kann dieses durch eine eindeutige Zuweisungsentscheidung dem gewillkürten Betriebsvermögen des Eigenbetriebs bzw. Verpachtungsbetriebs zugeordnet werden. Etwas anderes gilt jedoch, wenn ein Grundstück mehr als 100 km von der Hofstelle entfernt liegt. Dieses Grundstück kann weder dem notwendigen noch dem gewillkürten Betriebsvermögen eines aktiv bewirtschafteten oder eines verpachteten landwirtschaftlichen und forstwirtschaftlichen Betriebs zugeordnet werden.
Im vorliegenden Fall konnte Landwirt L das erworbene Grundstück erst nach Ablauf von sechs Jahren selber bewirtschafteten. Der Erwerb des verpachteten Grundstücks wurde daher vom BFH nicht als Vorbereitung eines neuen Betriebs gesehen. Die Pachtzinsen sind somit als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu werten. Bis zum Zeitpunkt der eigenbetrieblichen Nutzung ist das Grundstück demnach dem Privatvermögen zuzuordnen. Die Rücklage konnte daher nicht auf das Grundstück übertragen werden. Die Entfernungsgrenze von 100 km überzeugt nicht, weil auch bei einer Entfernung von 90 km eine Bewirtschaftung mit Maschinen des Stammbetriebs nicht möglich erscheint.