Mit Urteil vom 30.6.2011 – VI R 14/10 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung eines Angehörigen als außergewöhnliche Belastungen gem. § 33 EStG steuerlich zu berücksichtigen sein können, wenn sie den Betrag der zumutbaren Belastung überschreiten.Im vorliegenden Fall hatte das Sozialamt die Tochter (= Klägerin) auf Erstattung von 1.316 Euro für die Unterbringung ihres nach einem Schlaganfall pflegedürftigen Vaters (mit Pflegestufe II) in einem Altenpflegeheim in Anspruch genommen. Die Kosten der Heimunterbringung betrugen insgesamt etwa 37.000 Euro. Davon trug der Vater etwa 9.000 Euro. Die Pflegeversicherung zahlte rund 22.000 Euro. Der verbleibende Restbetrag wurde vom Sozialamt getragen. Der Vater, der im betreffenden Jahr eine Rente in Höhe von 24.000 Euro erhielt, hatte zudem eine schwer gehbehinderte Ehefrau, der er Unterhalt in Höhe von ca. 15.000 Euro gewährte.Im Rahmen der Prüfung der Steuererklärung berücksichtigte das Finanzamt die von der Tochter geltend gemachten Unterhaltsaufwendungen nicht. Auch die hiergegen eingelegte Klage beim Finanzgericht blieb ohne Erfolg.Der BFH folgte der Auffassung des FG. Er führte aus, dass Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen für die krankheitsbedingte Unterbringung eines Angehörigen in einem Altenpflegeheim entstünden, zwar als Krankheitskosten eine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) darstellten. Abziehbar seien auch nicht nur die Pflegekosten, sondern auch die Kosten, die auf die Unterbringung und Verpflegung entfielen, soweit es sich hierbei um Mehrkosten gegenüber der normalen Lebensführung handele. Im vorliegenden Falle scheide jedoch ein Abzug der Aufwendungen für die Heimunterbringung des Vaters aus, da die Aufwendungen der Tochter die zumutbare Belastung i.S. von § 33 Abs. 3 EStG (hier: 6 % des Gesamtbetrags der Einkünfte) nicht überstiegen.Der Steuerpflichtige hat bei Unterhaltsaufwendungen kein Wahlrecht zwischen dem Abzug nach § 33 EStG und dem nach § 33 a EStG. Typische Unterhaltsaufwendungen, wie z.B. Kleidung und Versicherungen, die zusätzlich zu den Kosten für die normale Lebensführung getragen werden, sind nach § 33 a EStG zu berücksichtigen, in dem sie vom Gesamtbetrag der Einkünfte bis zur Höhe von 8.004 Euro abgezogen werden können.Untypische Unterhaltsleistungen, mit denen ein besonderer, außergewöhnlicher Bedarf abgedeckt wird – z.B. die Übernahme von Krankheits- oder Pflegekosten –, sind dagegen nach § 33 EStG zu berücksichtigen, in dem der Teil der Aufwendungen, der die dem Steuerpflichtigen zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Aufwendungen abgezogen wird.Eine krankheits- oder behinderungsbedingte Unterbringung liegt nach Auffassung der Finanzbehörden nur bei Personen vor, denen eine Pflegestufe zuerkannt, und bei Personen, bei denen eine erhebliche Einschränkung der Alltagskompetenz festgestellt worden ist.Der Nachweis der Pflegebedürftigkeit ist regelmäßig durch eine Bescheinigung der sozialen Pflegekasse oder des privaten Versicherungsunternehmens, das die private Pflegepflichtversicherung durchführt, zu erbringen. Der BFH ist etwas großzügiger, er hat als Nachweis eines krankheits- und nicht nur altersbedingten Aufenthalts in einem Alters- oder Pflegeheim auch einen gerichtlichen Betreuungsbeschluss anerkannt. Eine Aufteilung der Kosten in Unterhaltskosten i.S. von § 33 a EStG und Krankheitskosten i.S. von § 33 EStG kommt nicht in Betracht.
Fachinformationen
27.01.2012