Einleitung
Durch das sog. SEStEG vom 7.12.2006 wurde das Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) neu gefasst. Ziel des neuen UmwStG war u. a. die europarechtskonforme Ausgestaltung, die insbesondere durch die Erweiterung des Anwendungsbereichs auch auf Umwandlungen innerhalb der EU erreicht werden sollte. Nachdem die Finanzverwaltung Anfang Mai 2011 nach langer Wartezeit ihre Auffassung zum neuen UmwStG im Entwurf des neuen Umwandlungssteuererlasses (UmwStE) dargelegt hat, einigten sich Bund und Länder am 11.11.2011 über den endgültigen Inhalt des neuen Erlasses. Die wichtigsten Punkte und Änderungen gegenüber der Entwurfsfassung werden im Folgenden kurz dargestellt.
Begriff des Teilbetriebs
Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung war ein Teilbetrieb ein mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestatteter organisch geschlossener Teil des Gesamtbetriebs, der für sich alleine lebensfähig ist (nationales Teilbetriebsverständnis). Zukünftig soll sich der Teilbetrieb aber ausschließlich nach dem europäischen Teilbetriebsbegriff, wie er in der Fusionsrichtlinie definiert wird, bestimmen.
Umfang des Teilbetriebs
Ging man bislang davon aus, dass einem Teilbetrieb nur die funktional wesentlichen Betriebsgrundlagen zugeordnet werden müssen, sind nach dem neuen UmwStE einem Teilbetrieb daneben auch diejenigen Wirtschaftsgüter, die mit dem Teilbetrieb wirtschaftlich zusammenhängen, zuzuordnen. Diese Verschärfung dürfte in der Praxis für erhebliche Schwierigkeiten sorgen.
Zeitpunkt des Vorliegens eines Teilbetriebs
Nach geänderter Auffassung der Finanzverwaltung müssen die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Teilbetriebs bereits am steuerlichen Übertragungsstichtag gegeben sein. Entgegen des bisherigen Verständnisses, wonach die Voraussetzungen erst im Zeitpunkt des Umwandlungs- oder Einbringungsbeschlusses vorliegen mussten, können somit im steuerlichen Rückwirkungszeitraum keine (letzten) organisatorischen, personellen oder sonstige Maßnahmen mehr getroffen werden, um den Anforderungen eines Teilbetriebs zu genügen. Ein Teilbetrieb im Aufbau ist nach Auffassung der Finanzverwaltung somit nicht mehr ausreichend.
Übergangsregelungen
Das geänderte Verständnis der Finanzverwaltung zu Begriff, Umfang und Zeitpunkt des Vorliegens eines Teilbetriebs stellt eine erhebliche Verschärfung gegenüber dem alten UmwStE dar. Hier wurde daher eine Übergangsregelung geschaffen: Bei Umwandlungsbeschlüssen und Einbringungsverträgen, die bis zum 31.12.2011 getroffen bzw. geschlossen wurden, soll es ausreichend sein, wenn dem bisherigen Verständnis an die Teilbetriebsanforderungen entsprochen wird.
Gemeinsam genutzte wesentliche Betriebsgrundlagen
Wird eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage von mehreren Teilbetrieben gleichzeitig genutzt, steht dies nach Auffassung der Finanzverwaltung einer steuerneutralen (Auf- oder Ab-)Spaltung entgegen. Eine Ausnahme gilt lediglich für Grundstücke, wenn diese zivilrechtlich bis zum Spaltungsbeschluss real aufgeteilt werden. Im Einzelfall soll bei Grundstücken aus Billigkeitsgründen auch eine ideelle Teilung im Wege des Bruchteilseigentums ausreichend sein. Stellt in der Praxis eine gemeinsam genutzte wesentliche Betriebsgrundlage ein Spaltungshindernis dar, so bietet sich aus gestalterischer Sicht die Einbringung als Alternative zur Spaltung an. Im Gegensatz zur (Ab-)Spaltung stellt die Einbringung nämlich keine Voraussetzungen an die steuerliche Qualifikation des zurückbleibenden Vermögens.
Mitunternehmer-Anteile sind keine wesentliche Betriebsgrundlage
Nach erheblicher Kritik seitens der Verbände und des Schrifttums hat die Finanzverwaltung ihre im Mai-Entwurf vertretene Auffassung, wonach auch Mitunternehmer-Anteile wesentliche Betriebsgrundlage eines Teilbetriebs sein können und folglich für eine Buchwertfortführung zwingend mitzuübertragen sind, aufgegeben. Wie bereits nach altem Verständnis sind Mitunternehmer-Anteile auch zukünftig unter keinen Umständen als wesentliche Betriebsgrundlage zu qualifizieren.
Antrag auf Buchwert- oder Zwischenwertansatz
Sofern die entsprechenden Voraussetzungen für einen Buch- oder Zwischenwertansatz vorliegen, kann dieser nach dem Gesetzeswortlaut nur auf Antrag gewährt werden. Nach Auffassung der Finanzverwaltung ist zusätzlich zu diesem Antrag das Aufstellen einer steuerlichen Schlussbilanz zwingend erforderlich. Diese Schlussbilanz ist dabei nicht mit einer "normalen" steuerlichen Jahresbilanz gleichzusetzen. Eine solche Gleichstellung kann nur dann gelingen, wenn ausdrücklich erklärt wird, dass die reguläre Jahressteuerbilanz der steuerlichen Schlussbilanz entsprechen soll. Eine solche Erklärung könne sodann auch als konkludent gestellter Antrag auf Buchwertansatz gesehen werden. Übergangsregelung: Für Altfälle verzichtet die Finanzverwaltung auf die gesonderte Abgabe einer steuerlichen Schlussbilanz, wenn zum Einen bis zum 31.12.2011 ein unwiderruflicher Antrag auf Buchwertfortführung gestellt und zum Anderen eine steuerliche Jahresbilanz auf den steuerlichen Übertragungsstichtag bis zum 31.12.2011 eingereicht wurde und diese der steuerlichen Schlussbilanz entspricht.
Einbringung in Personengesellschaft
Entgegen der Auffassung des Bundesfinanzhof vertritt die Finanzverwaltung die (für den Steuerpflichtigen günstige) Ansicht, dass auch die 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft als Teilbetrieb qualifiziert und somit aus einem Betriebsvermögen steuerneutral in eine Personengesellschaft eingebracht werden kann.
Verschmelzungen auf und Einbringung in Organgesellschaften
Nach Auffassung der Finanzverwaltung im finalen UmwStE können nunmehr Umwandlungen auf bzw. Einbringungen in Organgesellschaften zu Buchwerten erfolgen, wenn das dem Organträger zugerechnete Einkommen der Körperschaftsteuer unterliegt. Soweit das zugerechnete Einkommen indes letztendlich der Besteuerung mit Einkommensteuer unterliegt, will die Finanzverwaltung die Buchwertfortführung nur aus Billigkeitsgründen und nur dann gewähren, wenn ein entsprechender Antrag aller an der Umwandlung Beteiligten gestellt wird.
Fazit
Der finale UmwStE enthält zwar im Vergleich zur Mai-Fassung noch etliche Änderungen, bleibt jedoch weit hinter den zahlreichen Verbesserungsvorschlägen seitens der Verbände und des Schrifttums zurück. Die erheblichen Verschärfungen gegenüber dem alten UmwStE aus dem Jahr 1998 sind zukünftig zwingend zu beachten, insbesondere da die von der Finanzverwaltung zum Teil gewährten Übergangsregelungen nur für Umwandlungsbeschlüsse und Einbringungsverträge gelten, die bis zum 31.12.2011 erfolgten bzw. geschlossen wurden.