In einem Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH, Urteil vom 29.3.2012 – C-414/10) wollte das vorlegende Gericht vor allem wissen, ob Art. 17 Abs. 2 Buchst. b der Sechsten Richtlinie („Umsatzsteuer-Richtlinie“ der EU) dahin auszulegen ist, dass er einem Mitgliedstaat erlaubt, das Recht auf Abzug der Einfuhrumsatzsteuer von der tatsächlichen vorherigen Zahlung dieser Steuer durch den Steuerschuldner abhängig zu machen, wenn der Steuerschuldner und der Vorsteuerabzugsberechtigte ein und dieselbe Person sind.In seiner Entscheidung weist der EuGH zunächst darauf hin, dass ein Steuerpflichtiger nach dem Wortlaut des Art. 17 Abs. 2 Buchst. b der Sechsten Richtlinie befugt ist, die Umsatzsteuer abzuziehen, die für eingeführte Gegenstände „geschuldet wird oder entrichtet worden ist“.Der Begriff „geschuldet“ bezieht sich auf eine rechtlich durchsetzbare Steuerschuld und setzt voraus, dass der Steuerpflichtige zur Zahlung des Mehrwertsteuerbetrags, den er als Vorsteuer abziehen möchte, verpflichtet ist. Wenn aber der Gesetzgeber das Recht auf Abzug der Einfuhrumsatzsteuer von der tatsächlichen vorherigen Zahlung der Steuer hätte abhängig machen wollen, hätte er den Begriff „geschuldet“ weglassen können. Folglich entsteht das Recht auf den Mehrwertsteuerabzug unabhängig davon, ob die geschuldete Steuer tatsächlich gezahlt worden ist.Es ist demnach nach den Ausführungen des EuGH nicht erlaubt, das Recht auf Abzug der Einfuhrumsatzsteuer von der tatsächlichen vorherigen Zahlung dieser Steuer durch den Steuerschuldner abhängig zu machen, wenn dieser auch der zum Abzug Berechtigte ist.
Fachinformationen
24.05.2012