KernproblemNach den vom Bundesfinanzhof (BFH) entwickelten und von der Finanzverwaltung übernommenen Grundsätzen zur so genannten Rücklage für Ersatzbeschaffung (RfE) kann unter gewissen Voraussetzungen eine Gewinnrealisierung durch Aufdeckung stiller Reserven vermieden werden. Dies dann, wenn ein Wirtschaftsgut aufgrund höherer Gewalt oder infolge oder zur Vermeidung eines behördlichen Eingriffs gegen eine Entschädigung aus dem Betriebsvermögen ausscheidet und alsbald ein funktionsgleiches Ersatzwirtschaftsgut angeschafft wird. Die Bildung der Rücklage bewirkt, dass der durch die Ersatzforderung bzw. Ersatzleistung realisierte Gewinn neutralisiert wird. Ihre Bildung setzt aber voraus, dass die Absicht zur Ersatzbeschaffung besteht; andernfalls bleibt es bei der Gewinnerhöhung. Die Rücklage muss gewinnerhöhend aufgelöst werden, wenn die Absicht der Ersatzbeschaffung aufgegeben wird. Sie ist außerdem aufzulösen, wenn die Reinvestition nicht innerhalb einer bestimmten Frist durchgeführt wird. Nach Auffassung der Finanzverwaltung beträgt die angemessene Reinvestitionsfrist bei Ausscheiden eines Grundstücks oder Gebäudes aus dem Betriebsvermögen i. d. R. 2 Jahre (in Ausnahmefällen auch später bei Vorliegen besonderer Gründe). Dem hat sich der BFH nicht angeschlossen.SachverhaltDie Scheune eines Landwirts wurde durch Brand zerstört. Den gegenüber der Versicherung bestehenden Entschädigungsanspruch aktivierte der Landwirt unter gleichzeitiger Bildung einer Rücklage für Ersatzbeschaffung. Erst 5 Jahre später, nachdem das Finanzamt mehrmals die Besteuerungsgrundlagen wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen geschätzt hatte, wurde mit einer weiteren Schätzung die Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst. Der Landwirt legte hiergegen erfolglos Einspruch und Klage ein. Weil auch später keine Reinvestition erfolgte, war klar, dass die Rücklage gewinnerhöhend aufzulösen war. Aber in welchem Jahr?EntscheidungDer BFH sah sich zur Weiterentwicklung der von ihm konkretisierten Grundsätze zur Rücklage für Ersatzbeschaffung berufen und hat korrespondierend zu den Investitionsfristen der so genannten "§ 6b-Rücklage" bestimmt, dass die Reinvestition innerhalb von 4 Jahren (bzw. 6 Jahren bei Gebäuden) nach der Bildung der Rücklage auszuführen ist. Bei Fristablauf ist die Rücklage ohne Ausnahme gewinnerhöhend aufzulösen. Dabei kann widerleglich vermutet werden, dass die bei Bildung der Rücklage nachgewiesene Investitionsabsicht bis zum Fristablauf fortbesteht. Andernfalls ist die Rücklage im Zeitpunkt der Aufgabe der Absicht aufzulösen.KonsequenzDen Streitfall konnte der BFH nicht abschließend entscheiden und hat ihn zurückverwiesen, weil der Zeitpunkt der Aufgabe der Investitionsabsicht zu untersuchen war. Aus Beratersicht bleibt aber interessant, wie die Verwaltung auf das Urteil reagieren wird. I. d. R. dürften die verlängerten Fristen des BFH weiter reichen. Die Verwaltungsanweisung sieht dagegen bei besonderen Gründen für die Nichtdurchführung der Investition eine nicht weiter bestimmte Verlängerung der Frist vor, die damit im Einzelfall auch länger sein kann.
Fachinformationen
05.07.2012