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Zahlungen eines Ehegatten auf ein gemeinsames Oder-Konto steuerpflichtig?

Mit Urteil vom 23.11.2011 – II R 33/10 hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit Zahlungen eines Ehegatten auf ein Gemeinschaftskonto als freigebige Zuwendungen an den anderen Ehegatten und mit der darauf entfallenden Schenkungsteuer befasst.

Nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) ist eine Schenkung unter Lebenden jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, sofern der Bedachte durch diese Zuwendung auf Kosten des Zuwendenden bereichert ist. Die Zuwendung muss objektiv unentgeltlich sein. Der Empfänger muss über das Zugewendete tatsächlich und rechtlich frei verfügen können.

Auch eine Zahlung des Ehegatten auf ein Gemeinschaftskonto (sog. Oder-Konto) beider Ehegatten kann nach Auffassung des BFH eine Zuwendung gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG an den anderen Ehegatten sein. Jedoch liegt eine Bereicherung des anderen Ehegatten nur vor, wenn dieser im Verhältnis zum einzahlenden Ehegatten rechtlich frei und tatsächlich auch über die eingezahlten Beträge verfügen kann und die Zuwendung unentgeltlich ist.

Bei einem Oder-Konto ist regelmäßig davon auszugehen, dass die Ehegatten Gesamtgläubiger gemäß § 428 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sind. Dies hat zur Folge, dass sie gemäß § 430 BGB im Verhältnis zueinander zu gleichen Teilen berechtigt sind, sofern sie nichts anderes bestimmt haben.

Sofern die Ehegatten in einer intakten Ehe leben, ist in der Regel anzunehmen, dass es keine Ausgleichspflicht untereinander gibt, da davon auszugehen ist, dass aufgrund einer ausdrücklichen oder stillschweigenden Vereinbarung oder aber aufgrund der ehelichen Lebensgemeinschaft eine Ausgleichspflicht nicht bezweckt ist.

Wenn Vereinbarungen über das diesbezügliche Innenverhältnis fehlen, ist dieses aus dem Verhalten der Ehegatten zu erschließen. Je häufiger der Ehegatte, der nichts einzahlt, auf das Guthaben auf dem Oder-Konto zugreift, um so ein eigenes Vermögen zu schaffen, umso eher ist davon auszugehen, dass er wie der einzahlende Ehegatte zu gleichen Teilen Berechtigter ist.

Sofern der Ehegatte, der nichts einzahlt, jedoch nur selten einen Betrag zum Erwerb eigenen Vermögens verwendet, kann dies darauf hindeuten, dass sich die Zuwendungen des Ehegatten, der einzahlt, an den anderen Ehegatten auf nur diesen Betrag beschränkt und nicht von einem hälftigen Anteil am gesamten Guthaben auf dem Oder-Konto auszugehen ist. Ob der nicht einzahlende Ehegatte frei über seinen Anteil auf dem Oder-Konto verfügen kann, ist im Einzelfall unter Würdigung der Gesamtsituation zu entscheiden.

Die Feststellungslast (objektive Beweislast) liegt nach ständiger Rechtsprechung für steuerbegründete Tatsachen beim Steuergläubiger und für steuermindernde Tatsachen beim Steuerpflichtigen, sodass vorliegend das Finanzamt die Feststellungslast für die Tatsachen trägt, die zur Annahme einer freigebigen Zuwendung nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erforderlich sind. Dies bedeutet, dass das Finanzamt auch die Beweislast dafür trägt, dass der nicht einzahlende Ehegatte im Verhältnis zum einzahlenden Ehegatten rechtlich frei und auch tatsächlich über die eingezahlten Beträge verfügen kann.

Sofern es hinreichende Gründe dafür gibt, dass beide Ehegatten entsprechend den Regelungen des § 430 BGB zu gleichen Anteilen am Guthaben des Oder-Kontos beteiligt sind, trägt nach Meinung des Bundesfinanzhofs der Ehegatte, der zur Schenkungsteuer herangezogen wird, die Feststellungslast dafür, dass im Innenverhältnis nur der einzahlende Ehegatte berechtigt sein soll.