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Verkehrswertnachweis bei der Erbschaftsteuer

Zum Zweck der Berechnung der Erbschaft- oder Schenkungsteuer werden Grundstücke nach einem bestimmten gesetzlich vorgegebenen pauschalierten Verfahren bewertet. Nicht berücksichtigt werden bei diesem Verfahren jedoch die jeweiligen Besonderheiten eines Grundstücks.

Wenn ein Steuerpflichtiger der Meinung sein sollte, dass der Verkehrswert eines Grundstücks niedriger ist als der Wert, der nach dem pauschalierten Verfahren ermittelt wurde, so kann er diesen niedrigeren Wert mithilfe eines Gutachtens, das ein Sachverständiger erstellt, nachweisen. Möglich ist es aber auch, den Verkehrswertnachweis durch einen zeitnah um den Besteuerungszeitpunkt zustande gekommenen Kaufpreis zu erbringen.

Zu berücksichtigen sind bei diesen Verfahren die Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011. Diese Richtlinien (sowie die hierzu ergangenen Hinweise zu den Erbschaftsteuerrichtlinien 2011 als Weisungen an die Finanzbehörden zur einheitlichen Anwendung des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrechts und der dazu notwendigen Regelungen des Bewertungsrechts) dienen der Vereinfachung der Verwaltung und der Vermeidung unbilliger Härten.

Nach den Bestimmungen der R 198 Abs. 4 der Erbschaftsteuer-Richtlinien 2011 kann ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Besteuerungszeitpunkt zustande gekommener Kaufpreis über das besagte Grundstück als Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts dienen. Sofern ein Kaufpreis außerhalb dieses Zeitraums im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zustande gekommen ist, kann dieser Kaufpreis als Nachweis anerkannt werden, wenn die maßgeblichen Verhältnisse hierfür gegenüber den Verhältnissen zum Besteuerungszeitpunkt unverändert geblieben sind.

Die Oberfinanzdirektion Niedersachsen (OFD) weist in ihrer Verfügung vom 3.7.2013 – S 3239-4-St 283 darauf hin, dass dieser Nachweis bis zur Bestandskraft des Feststellungsbescheids auch über den Grundstückswert geführt werden kann. In Ausnahmefällen kann ein niedrigerer gemeiner Wert auch noch nach Bestandskraft des Bescheids geltend gemacht werden.

Dieser niedrigere gemeine Wert kann aber nach Bestandkraft des Bescheids nur berücksichtigt werden, wenn die Voraussetzungen einer Änderung des bestandskräftigen Verwaltungsaktes nach den Änderungsvorschriften der Abgabenordnung (AO) erfüllt sind. In solchen Fällen ist daher zu prüfen, wann der maßgebliche Kaufvertrag abgeschlossen wurde. Dazu führt die OFD aus: Wenn der Kaufpreis nach dem Erlass eines Feststellungsbescheids zustande kommt, liegt eine wertaufhellende Tatsache bzw. ein Beweismittel bezüglich des am Bewertungsstichtag bestehenden Verkehrswerts vor, sodass der Bescheid gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO geändert werden kann.

Falls der Kaufvertrag jedoch bereits vor dem Erlass des Feststellungsbescheids abgeschlossen wurde, scheitert eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO regelmäßig am groben Verschulden des Steuerpflichtigen an dem nachträglichen Bekanntwerden, da er die Möglichkeit gehabt hätte, den niedrigeren Verkehrswert in der Erklärung zur Feststellung des Grundbesitzwerts anzugeben bzw. ihn im Einspruchsverfahren geltend zu machen.

Aus den vorherigen Ausführungen ist die Schlussfolgerung zu ziehen, dass dringend darauf zu achten ist, dass der niedrigere gemeine Wert rechtzeitig geltend gemacht wird. Die Chancen, zu einem späteren Zeitpunkt zum gewünschten Ziel zu kommen, sind hiernach gering. Die öffentlich bekannten relevanten Daten können problemlos nachvollzogen werden, was zwangsläufig zu dem für den Steuerpflichtigen nachteiligen Ergebnis führt.