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Geschäftsveräußerung im Ganzen bei Aufspaltung eines Einzelunternehmens

Die Umsätze im Rahmen einer Geschäftsveräußerung an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen unterliegen nicht der Umsatzsteuer. Eine Geschäftsveräußerung liegt vor, wenn ein Unternehmen oder ein in der Gliederung eines Unternehmens gesondert geführter Betrieb im Ganzen entgeltlich oder unentgeltlich übereignet oder in eine Gesellschaft eingebracht wird. Der erwerbende Unternehmer tritt an die Stelle des Veräußerers (§ 1 Abs. 1a UStG).

Das Finanzgericht Nürnberg (FG) hat mit seinem Urteil vom 6.8.2013 – 2 K 1964/10 die steuerfreie Übertragung von Unternehmen oder Unternehmensteilen erleichtert und vereinfacht, da es eine Geschäftsveräußerung im Ganzen auch dann als gegeben ansieht, wenn der Geschäftsbetrieb auf mehrere Umsatzsteuerobjekte übertragen wird, diese aber den früheren Geschäftsbetrieb in der bisherigen Form nur gemeinsam fortführen können und dies auch tun.

Ein Bauunternehmer hatte 2006 sein Einzelunternehmen in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und eine GmbH & Co. KG aufgeteilt. Dazu hatte er zunächst eine GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin in sein Einzelunternehmen aufgenommen, bei der er zusammen mit seinen beiden Söhnen Gesellschafter und Geschäftsführer war. Das Anlagevermögen (Grundstücke) hatte er in eine GbR eingebracht, in der er zusammen mit seinen beiden Söhnen beteiligt war. Gleichzeitig hatte er eine GmbH & Co. KG errichtet. Das Anlagevermögen der GbR wurde der KG unentgeltlich zur Nutzung überlassen. Die Beteiligungsverhältnisse des Klägers und seiner beiden Söhne waren in der GbR und der KG gleich.

Im Jahr 2009 fand eine Betriebsprüfung statt, bei der der Betriebsprüfer die steuerpflichtigen Umsätze erhöhte und die geltend gemachten Vorsteuern kürzte, weil nach seiner Auffassung die Einbringungen des Anlagevermögens des Einzelunternehmens in die Besitz-GbR keine steuerbefreite Geschäftsveräußerung im Ganzen darstellte. Der Einspruch gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide blieb erfolglos.

Das Finanzgericht sah die Auffassung des Finanzamts als unzutreffend an, da § 1 Abs. 1a Satz 1 UStG der Umsetzung der Richtlinie 77/388/EWG diene und daher richtlinienkonform auszulegen sei. Nach Rechtsprechung des EuGH bezweckt der hier einschlägige Art. 19 der MwStSystRL die Erleichterung und Vereinfachung der Übertragung von Unternehmen oder Unternehmensteilen. Nach Auffassung des Finanzgerichts ist für die Geschäftsveräußerung entscheidend, dass das übertragene Unternehmensvermögen als Ganzes die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit ermöglicht und ob die vor und nach der Übertragung ausgeübten Tätigkeiten übereinstimmen oder sich zumindest hinreichend ähneln. Die Übertragung aller wesentlichen Betriebsgrundlagen und die Möglichkeit zur Unternehmensfortführung ohne großen finanziellen Aufwand sind nach Auffassung des Finanzgerichts nicht erforderlich.

Die beiden Gesellschaften waren nur gemeinsam in der Lage, den bisherigen Geschäftsbetrieb fortzuführen. Dies sollten sie nach dem Willen des Klägers auch tun, und das haben sie auch getan. Es kam hinzu, dass an allen beteiligten Gesellschaften dieselben natürlichen Personen im selben Verhältnis beteiligt waren.

Wirtschaftlich gewollt war die Beteiligung der Söhne am Unternehmen des Vaters unter gleichzeitiger Begrenzung des Haftungsrisikos durch Auslagerung des Anlagevermögens. Bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise bilden die beiden Gesellschaften zusammen das frühere Einzelunternehmen des Klägers ab. Das Gericht ging daher von einer Geschäftsveräußerung im Ganzen aus und entschied, dass die geänderten Umsatzsteuerbescheide wieder rückgängig zu machen seien.