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Bewertung eines Wohnrechts bei Übertragung von Grundbesitz nach § 16 BewG

Wird der Nutzungswert eines Wohnrechts bei einer unentgeltlichen Grundbesitzübertragung für die Festsetzung von Erbschaft- oder Schenkungsteuer festgestellt, so ist nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9.4.2014 – II R 48/12 die Begrenzung des Jahreswertes von Nutzungen nach § 16 Bewertungsgesetz (BewG) auch nach Inkrafttreten des Erbschaftsteuerreformgesetzes (ErbStRG) anwendbar. Dagegen ist § 16 BewG nicht anwendbar, wenn der Nutzungswert bei der Ermittlung des niedrigeren gemeinen Werts eines Grundstücks abgezogen wird.

Der Kläger hatte von seiner Pflegetochter unentgeltlich das Eigentum an einem Einfamilienhaus erhalten, an dem ihm ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht zustand. Der Wert des Grundstücks laut Sachverständigengutachten betrug 60.000 Euro, der Wert des Wohnrechts 43.000 Euro (Jahreswert = 4.744 Euro).

Das Finanzamt setzte Schenkungsteuer auf der Grundlage des bestandskräftigen Grundbesitzwerts von 53.874 Euro fest. Den Kapitalwert des Wohnrechts errechnete das Finanzamt, indem es nach § 16 BewG den Grundbesitzwert von 53.874 Euro durch 18,6 teilte und den sich daraus ergebenden Jahreswert von 2.896 Euro mit 7,942 (Vervielfältiger nach § 14 Abs. 1 BewG i.V.m. dem BMF-Schreiben vom 1.10.2009) multiplizierte. Im Übrigen blieb der Einspruch erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) hob den Schenkungsteuerbescheid auf. Nach seiner Auffassung ist § 16 BewG so auszulegen, dass die Verweisung auf den anzusetzenden Wert sich nur auf die Vorschriften des BewG beziehen kann, die bereits vor Inkrafttreten des ErbStRG vom 24.12.2008 existiert hatten. Dies treffe aber für die Vorschriften über die Bewertung von Grundbesitz für die Erbschaftsteuer ab 1.1.2009 nicht zu. Vielmehr könnten Nutzungsrechte bereits beim Nachweis des niedrigeren gemeinen Werts des Grundbesitzes nach § 198 BewG mit dem gemeinen Wert abgezogen werden. Ausgehend von dem Sachverständigenwert von 4.744 und dem Vervielfältiger von 7.942 betrage der Wert des Wohnrechts 37.676 Euro. Dieser Wert ist vom Grundbesitzwert (53.874 Euro) abzuziehen, sodass unter Berücksichtigung des Freibetrags von 20.000 Euro (§ 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG) keine Schenkungsteuer festzusetzen war.

Mit der Revision beantragte das Finanzamt, die Vorschrift des § 16 BewG uneingeschränkt anzuwenden.

Der BFH bestätigte die Auffassung des Finanzamts und hob das Urteil der ersten Instanz auf. § 16 BewG ist danach anzuwenden. Die Vorschrift stellt durch die Begrenzung des Jahreswerts auf den Wert, der sich ergibt, wenn der für das genutzte Wirtschaftsgut nach den Vorschriften des BewG anzusetzende Wert durch 18,6 geteilt wird, sicher, dass der Kapitalwert der Nutzungen eines Wirtschaftsguts nicht höher sein kann als der nach den Vorschriften des BewG anzusetzende Wert des Wirtschaftsguts.

Bei der Bewertung der auf dem Wohnobjekt lastenden Nutzungsrechte ist § 16 BewG nicht anwendbar. § 16 BewG enthält eine bewertungsrechtliche Sonderregelung zur Ermittlung des Steuerwerts einer Nutzung. Die Vorschrift ist nicht zur Bestimmung von deren gemeinem Wert geeignet, da sie auf die Vorschriften des BewG und somit bei grundstücksbezogenen Nutzungen auf die Bedarfsbewertung von Grundstücken verweist.

Die verfassungsgemäßen Rechte des Steuerpflichtigen werden in vollem Umfang gewahrt, da er im Rahmen der gesonderten Feststellung des Grundbesitzes nach § 198 BewG einen niedrigeren gemeinen Wert des Grundstücks unter Berücksichtigung der auf dem Objekt lastenden Nutzungsrechte nachweisen kann.