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Wegfall der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen

Gibt ein Steuerpflichtiger jahrelang keine Einkommensteuererklärungen ab und macht keine Angaben zu den von ihm erzielten Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft (LuF), so bedarf es für den Wegfall der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen (§ 13a Einkommensteuergesetz – EStG) keiner Mitteilung des Finanzamts. Vielmehr kann es in einem solchen Fall die Einkünfte ab dem Wirtschaftsjahr schätzen (§ 162 Abgabenordnung – AO), für das die Mitteilung gem. § 13a Abs. 1 Satz 2 EStG bei rechtzeitiger und vollständiger Abgabe der ESt-Erklärungen ergangen wäre – so das Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen (FG) vom 25.3.2014 – 12 K 38/10.

Der Kläger unterhielt seit Jahren einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Rinderhaltung. Im August 2006 teilte ihm das Finanzamt mit, dass die Voraussetzungen für eine Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen weggefallen seien, weil die selbst bewirtschaftete Fläche 20 ha überschreite.

Im September und Oktober 2008 ordnete das Finanzamt eine Außenprüfung für die Jahre 2001 bis 2006 an. Durch Auskunftsersuchen an die Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft und die Landwirtschaftskammer erhielt der Prüfer Angaben zur bewirtschafteten Fläche und zum Bestand an Mutterkühen.

Daraus ergab sich, dass die Voraussetzungen für eine Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen bereits ab dem Wirtschaftsjahr 1998/1999 nicht mehr vorlagen. Daraufhin gab der Kläger für die Jahre 2004 und 2005 Steuererklärungen ab. Die Einkünfte aus LuF waren durch Einnahme-Überschussrechnung ermittelt, die jedoch wegen der Unvollständigkeit der Unterlagen nicht überprüft werden konnten.

Im Juli 2009 erließ das Finanzamt für die Jahre 1999–2007 (teilweise geänderte) Schätzungsbescheide. Die Einsprüche des Klägers wurden als unbegründet zurückgewiesen. Im Januar 2010 legte der Landwirt Klage ein. Begründung: Für das Jahr 1999 sei bereits Verjährung eingetreten. Außerdem legte er Einnahme-Überschussrechnungen, diverse Kontoauszüge und Tierbestandslisten vor.

Da die Belege für 1999 bis 2003 unvollständig waren, setzte das Finanzgericht eine Nachfrist. Die daraufhin eingereichten Unterlagen waren ebenfalls unvollständig. Die Klage hatte teilweise Erfolg: Das Finanzgericht setzte die geschätzten Einkünfte auf LuF für die Jahre 1999 und 2000 sowie 2004 bis 2007 herab. Die weitergehenden Klagebegehren wurden abgewiesen.

Die Steuerfestsetzung für 1999 war nicht verjährt. Dies beruhte zum einen auf der Ablaufhemmung der Festsetzungsverjährung, die im Herbst 2008 mit Beginn der Außenprüfung eingetreten war, zum anderen darauf, dass das Finanzgericht die Nichtabgabe der Steuererklärungen 1999 und 2000 als vorsätzliche Steuerhinterziehung (§ 370 AO) mit einer Verjährungsfrist von 10 Jahren wertete.

Der Wechsel der Gewinnermittlungsart erfordert nach § 13a Abs. 1 Satz 2 EStG eine Mitteilung des Finanzamts. Sie dient sowohl dem Schutz des Landwirts als auch der Rechtssicherheit. Eine solche Mitteilung ist entbehrlich, wenn der Landwirt durch falsche Angaben über die bewirtschafteten Flächen bei der Finanzbehörde den Eindruck erweckt, er dürfe noch nach Durchschnittssätzen versteuern.

Mit dem Bekanntwerden der tatsächlichen Verhältnisse darf das Finanzamt auch für vergangene Veranlagungszeiträume den Gewinn durch Schätzung ermitteln, so als habe es rechtzeitig von dem Wegfall der Voraussetzungen des § 13a EStG erfahren und eine entsprechende Mitteilung erlassen. Hierbei ist auch eine Schätzung nach den amtlich aufgestellten Richtsätzen zulässig.