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Zur Übertragung eines Mitunternehmeranteils zu Buchwerten

Mit Urteil vom 9.5.2014 – 12 K 3303/11 F entschied das Finanzgericht Münster (FG), dass eine Anteilsübertragung zum Buchwert (§ 6 Abs. 3 EStG) möglich ist, wenn neben dem Gesellschaftsanteil auch das gesamte wesentliche Sonderbetriebsvermögen des Übertragenden auf den Rechtsnachfolger übergeht; dabei ist das Betriebsvermögen maßgebend, das am Tag der Übertragung vorhanden ist. Ob und inwieweit im Zusammenhang mit einer vorherigen Entnahme oder Veräußerung stille Reserven aufgedeckt worden sind, ist ohne Bedeutung (entgegen BMF-Schreiben vom 3.3.2005, BStBl I 2005, S. 458).

Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG. Die GmbH (Komplementärin) war an der Klägerin nicht beteiligt. Anteilseigner der GmbH und Kommanditisten der Klägerin waren bis zum 18.10.2007 der Vater V und der Sohn S. Seit dem 19.10.2007 hält S das gesamte Stammkapital.

Die GmbH & Co. KG betrieb ihr Unternehmen auf verschiedenen Grundstücken, die sich zum Teil im Sonderbetriebsvermögen des V befanden. Mit notariellem Kaufvertrag vom 2.10.2007 verkaufte V eine Immobilie an einen Eisdielenbetreiber. Am 18.10.2007 übertrug der Vater seinen gesamten Mitunternehmeranteil sowie das verbliebene Sonderbetriebsvermögen und seinen Anteil an der GmbH unentgeltlich auf seinen Sohn S im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge.

Das Finanzamt kam nach einer Betriebsprüfung zu dem Schluss, dass die Aufgabe des Mitunternehmeranteils zum 18.10.2007 unter Aufdeckung der stillen Reserven nach § 16 Abs. 3 EStG zu besteuern sei. In der Einspruchsentscheidung und der Klageerwiderung berief sich das Finanzamt auf die sog. Gesamtplanrechtsprechung des BFH (Beschluss vom 31.8.1995 – VIII B 21/93 und Urteil vom 6.9.2000 – IV R 18/99) und das BMF-Schreiben vom 3.3.2005 (a.a.O.).

Danach sei eine Übertragung zu Buchwerten nicht zulässig, wenn funktional wichtige Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens zeitversetzt, aber im Rahmen eines Gesamtplans mit der Anteilsübertragung entnommen oder veräußert würden. In einem solchen Fall liege eine einheitlich zu betrachtende Aufgabe des Mitunternehmer-

anteils i.S.d. § 16 Abs. 3 EStG vor.

Das FG gab dem Kläger recht und sah die Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 EStG im Streitfall als gegeben an, da sowohl der gesamte Mitunternehmeranteil als auch das gesamte Sonderbetriebsvermögen zeitgleich übertragen worden waren. Lediglich wenn funktional wesentliches Betriebsvermögen tagesgleich mit der Übertragung der Gesellschaftsanteile an einen Dritten veräußert oder übertragen wird oder in ein anderes Betriebsvermögen des bisherigen Mitunternehmers überführt wird, sind die Voraussetzungen für eine Fortführung der Buchwerte grundsätzlich nicht mehr gegeben.

Zum einen ist nach Auffassung des FG die Gesamtplanrechtsprechung des BFH im Hinblick auf den Normzweck der §§ 16, 34 EStG entwickelt worden (vgl. zuletzt den Beschluss vom 22.11.2013 – III B 35/12) und kann dem Grunde nach nicht auf § 6 Abs. 3 EStG übertragen werden. Zum anderen werde eine solche, über den Wortlaut hinausgehende Auslegung des § 6 Abs. 3 EStG nicht von dessen Normzweck gedeckt werden.

Auch wenn man mit dem BMF-Schreiben vom 3.3.2005 davon ausgehe, dass mehrere zeitlich auseinanderfallende, aber auf einem einheitlichen Plan beruhende Veräußerungen steuerrechtlich einheitlich zu beurteilen seien, habe die Klage keinen Erfolg, da nach der Gesamtplanrechtsprechung die Veräußerung funktional nicht wesentlichen Sonderbetriebsvermögens der Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG nicht entgegen stehe.