Das Finanzgericht Niedersachsen (FG) entschied mit Urteil vom 20.2.2014 – 16 K 47/13, dass die von einem Fernwärmeversorger angebotene Fernwärme nur dann als „gleichartiger Gegenstand“ i.S.d. § 10 Abs. 4 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz (UStG) angesehen werden kann, wenn sie für den Verbraucher ebenso einsetzbar ist wie die selbst erzeugte Wärme. Das Urteil erging im zweiten Rechtsgang nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 12.12.2012 – XI R 3/10.
Mit dem BMF-Schreiben vom 19.9.2014 – IV D 2 – S 7124/12/10001-02 hat das BMF seine bisherige Rechtsauffassung zur Wärmenutzung und Anwendung der Mindestbemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 5 UStG bei einer unentgeltlichen Wertabgabe von Wärme bekräftigt, die mit dem Urteil des FG Niedersachsen vom 20.2.2014 übereinstimmt.
Will man als Einkaufspreis den vergleichbaren Preis für den Bezug von Fernwärme als Bezugsgröße ansetzen, so verlangt die Finanzverwaltung den tatsächlichen Anschluss an das Fernwärmenetz eines Energieversorgungsunternehmens. Der Einkaufspreis für andere Energieträger (Elektrizität, Heizöl oder Gas) kann als Bemessungsgrundlage nach § 10 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 UStG nur dann in Betracht kommen, wenn
• eine Wärmeerzeugung keine aufwändigen Investitionen voraussetzt,
• die Inbetriebnahme der anderen Wärmeerzeugungsanlage jederzeit möglich ist und
• der Bezug des anderen Energieträgers ohne Weiteres bewerkstelligt werden kann.
Die Einbeziehung von Wärmenutzungskonzepten (z.B. Biomasse-Container, Contracting-Vereinbarungen) sieht die Finanzverwaltung nicht als ausreichende Bezugsgröße zur Bestimmung des Einkaufspreises an. Da nach den genannten Voraussetzungen ein (fiktiver) Einkaufspreis nicht abgeleitet werden kann, verlangt die Finanzverwaltung den Ansatz der Selbstkosten als Bemessungsgrundlage.
Beim Ansatz der Selbstkosten verlangt die Finanzverwaltung den Ansatz aller Kosten, die für die Herstellung der jeweiligen Wärmemenge im Zeitpunkt der Entnahme anfallen würden. Dazu zählen neben den Abschreibungen der Anschaffungs- und Herstellungskosten auch die laufenden Aufwendungen und die Aufwendungen zur Finanzierung der Anlage. Die so ermittelten Selbstkosten sind dann im Verhältnis der erzeugten Mengen an elektrischer und thermischer Energie in der einheitlichen Messgröße kWh aufzuteilen (sog. energetische Aufteilungsmethode).
Aus Vereinfachungsgründen lässt die Finanzverwaltung es aber zu, dass der Unternehmer die unentgeltliche Wertabgabe nach dem bundesweit einheitlichen durchschnittlichen Fernwärmepreis des jeweiligen Vorjahres bemisst. Dieser wird jährlich vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie veröffentlicht. Er ist gegenwärtig mit 7,7 ct/kWh (netto) zu veranschlagen.
Ferner wird der KWK-Bonus nicht als Entgelt von dritter Seite angesehen. Die Finanzverwaltung sieht darin vielmehr ein zusätzliches, gesetzlich vorgeschriebenes Entgelt für die Stromlieferung des Anlagebetreibers an den Netzbetreiber und entgegen der Rechtsauffassung des FG Niedersachsen im Urteil vom 28.11.2013 (vgl. SteuWi Heft 2/2014, S. 9) kein Entgelt von dritter Seite für die Lieferung von selbst erzeugter Wärme.
Die Finanzverwaltung verschweigt in diesem Schreiben allerdings, dass zu diesem Urteil eine Revision unter dem Aktenzeichen XI R 2/14 anhängig ist. Die Regelungen zur Wärmenutzung sind in den Abschn. 2.5 Absätze 19 bis 22 des UStAE aufgenommen worden.