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Keine Anwendung der ertragsteuerlichen Umsatzgrenzen für Dienstleistungen an andere Landwirte

Für die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG sieht das EU-Recht in Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL für Dienstleistungen insbesondere keine betragsmäßige Beschränkung vor, wie sie in Abschn. 24.3 Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) enthalten ist.

Das Finanzgericht Münster (FG) widerspricht in seinem Urteil vom 20.1.2015 – 15 K 2845/13 U der Auffassung der Finanzverwaltung, dass Landwirte der unionsrechtlichen Pauschalierungsregelung unterliegende Dienstleistungen nicht in unbegrenztem Umfang und damit auch nicht in unbegrenztem Umfang der Durchschnittssatzbesteuerung unterliegender Umsätze ausführen können (Abschn. 24.3 UStAE). Die Auffassung der Finanzverwaltung widerspreche dem Unionsrecht, das in Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 der MwStSystRL für den Anwendungskreis der Durchschnittssatzbesteuerung insbesondere keine betragsmäßige Beschränkung vorsehe.

Der Kläger (K) betrieb einen landwirtschaftlichen Gemüsebau. Ab dem Wirtschaftsjahr 2009/2010 führte er an die G-GmbH (keine Organschaft i.S.v. § 2 Abs. 2 UStG) Dienstleistungen gegen Entgelt aus, nämlich die Bodenbearbeitung, das Pflanzen von Salatpflanzen, den Pflanzenschutz und die Ernte der erzeugten Erzeugnisse. Für diese Dienste setzte K von ihm beschäftigte Arbeitskräfte und von ihm gestellte landwirtschaftliche Geräte ein. Im Wirtschaftsjahr 2010/2011 betrug das Verhältnis des von K verausgabten Arbeitslohns zu seinen Umsätzen aus landwirtschaftlicher Urproduktion rund 35%.

K unterwarf die Umsätze aus der Urproduktion ebenso wie die Umsätze aus den Dienstleistungen an die GmbH der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG. Demgegenüber vertrat das Finanzamt die Auffassung, dass die Umsätze an die GmbH der Regelbesteuerung unterlägen, weil ein unverhältnismäßig hoher Anteil der Umsätze auf die Erbringung der Dienstleistungen entfalle und der Maschinen- und Ausrüstungsbestand über die Anforderungen des eigenen Betriebs hinausgehe. Auch die Umsatzgrenze von 51.500 €, deren Überschreitung für die Anwendungen der Durchschnittssatzbesteuerung schädlich sei, sei nicht eingehalten worden. Das Finanzamt berechnete auf der Grundlage der Regelbesteuerung der Umsätze an die GmbH ein Umsatzsteuer-Mehr von fast 20.000 €. Dagegen erhob K mit Zustimmung des Finanzamtes Sprungklage.

Nach der Entscheidung des FG Münster ist die Klage begründet. Das Finanzamt hat zu Unrecht angenommen, dass die Umsätze des Klägers an der GmbH der Regelbesteuerung unterliegen. Mit den Dienstleistungen an die GmbH führt K vielmehr der Durchschnittsbesteuerung gem. § 24 Abs. 1 UStG unterliegende Umsätze aus, für die weder Steuer noch Vorsteuer zu berücksichtigen sind.

§ 24 UStG ist nach ständiger BFH-Rechtsprechung unionsrechtskonform auszulegen. § 24 UStG beruht auf Art. 25 der Richtlinie 77/388/EWG (seit 1.1.2007 Art. 295 ff. MwStSystRL). Der deutsche Gesetzgeber hat die Vorgaben beider Richtlinien aber nicht vollständig, sondern lediglich dadurch umgesetzt, dass er die im Zeitpunkt der Verabschiedung der Richtlinie 77/388/EWG bestehenden nationalen Regelungen im Wesentlichen fortgeführt hat.

Mit seinen Dienstleistungen an die GmbH erbrachte K der unionsrechtlichen Pauschalierungsregelung unterliegende landwirtschaftliche Dienstleistungen. Die Auffassung des Finanzamts widerspricht dem EU-Recht, das in Art. 295 Abs. 1 Nr. 5 MwStSystRL für die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung insbesondere keine betragsmäßige Beschränkung vorsieht.

Das Finanzgericht hat die Revision nicht zugelassen.