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Grunderwerbsteuer beim Erwerb eines erbbaurechtlich belasteten Grundstücks

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seinem Urteil vom 6.5.2015 – II R 8/14 seine Rechtsprechung zur Grunderwerbsteuer modifiziert: Beim Kauf eines erbbaurechtsbelasteten Grundstücks durch den Erbbauberechtigten oder einen Dritten unterliegt lediglich der nach Abzug des Kapitalwerts des Erbbauzinsanspruchs vom Kaufpreis verbleibende Unterschiedsbetrag der Grunderwerbsteuer. Der Kaufpreis ist nicht nach der sog. Boruttau’schen Formel aufzuteilen.

Im Dezember 1997 schloss der Kläger mit einer GmbH einen notariell beurkundeten Vertrag über die Bestellung eines Erbbaurechts an einem Grundstück der GmbH für die Dauer von 66 Jahren. Im Jahr 2007 verkaufte die GmbH dem Kläger das Grundstück unter Aufhebung des Erbbaurechts.

Das Finanzamt legte hinsichtlich der Grunderwerbsteuer den gesamten vereinbarten Kaufpreis zugrunde. Die Vorinstanz (Finanzgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.12.2013 – 15 K 4236/10) vertrat hingegen die Auffassung, dass der mit dem Erbbaugrundstück verbundene Erbbauzinsanspruch nicht Teil des Grundstücks sei und somit dessen Erwerb nicht der Grunderwerbsteuer unterliege. Der Kaufpreis sei nach der sog. Boruttau'schen Formel aufzuteilen. Gemäß der Formel gilt: Wird ein Grundstück zusammen mit anderen Gegenständen erworben, deren Erwerb nicht der Besteuerung nach dem GrEStG unterliegt, ist die Gesamtgegenleistung grundsätzlich nach dem Verhältnis des gemeinen Werts des Grundstücks zum gemeinen Wert, z. B. des Zubehörs oder der Betriebsvorrichtungen, aufzuteilen.

Der BFH sah dies jedoch anders. Zwar habe das FG zu Recht angenommen, dass der Kaufpreis nicht der Grunderwerbsteuer unterliege, soweit er auf den Kapitalwert des Erbbauzinsanspruchs entfalle. Verkannt habe das FG jedoch, dass die sog. Boruttau’sche Formel für die Kaufpreisaufteilung nicht anwendbar sei. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) ist der mit dem Erbbaugrundstück verbundene Erbbauzinsanspruch grunderwerbsteuerrechtlich nicht Teil des Grundstücks. Beim Erwerb eines mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks ist daher die Gegenleistung auf das Grundstück einerseits und der nicht der Grunderwerbsteuer unterliegende Erwerb des Erbbauzinsanspruchs andererseits aufzuteilen.

Sofern bei einem Grundstückskauf eine Gesamtgegenleistung vorliegt, die Entgelt sowohl für das Grundstück als auch für nicht der Grunderwerbsteuer unterliegende Gegenstände ist, ist diese nach den Ausführungen des BFH im Regelfall nach der Boruttau’schen Formel aufzuteilen. Diese Verhältnisrechnung muss jedoch dann nicht vorgenommen zu werden, wenn Gegenstand eines Erwerbsvorgangs unter Vereinbarung einer Gesamtgegenleistung ein Grundstück und eine Geldforderung ist. In diesen Fällen reicht es nach Meinung des BFH aus, in Höhe der erworbenen Geldforderungen einen Abzug von der vereinbarten Gesamtgegenleistung vorzunehmen, da Kapitalforderungen im Regelfall mit dem Nennwert anzusetzen sind. Auch der Erwerb des Anspruchs auf den Erbbauzins beim Kauf eines erbbaurechtsbelasteten Grundstücks ist als Geldforderung anzusehen. Der Kapitalwert des Erbbauzinses ist vom Kaufpreis abzuziehen.

Entgegen der bisher vom BFH vertretenen Auffassung ist die Boruttau’sche Formel für die Aufteilung des Kaufpreises für ein mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstück nicht mehr anwendbar. Da im Streitfall der Kapitalwert des Erbbauzinsanspruchs höher war als der vereinbarte Kaufpreis, entfiel der gesamte Kaufpreis auf den nicht der Grunderwerbsteuer unterliegenden Erwerb des Erbbauzinsanspruchs. Dem belasteten Grundstück war kein Teil des Kaufpreises zuzurechnen. Die Grunderwerbsteuer war daher auf 0 € festzusetzen.