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Keine Erbschaftsteuerbefreiung bei unentgeltlicher Überlassung an Mutter

Das Finanzgericht Kassel (FG) hat in seinem Urteil vom 24.3.2015 – 1 K 118/15 entschieden, dass ein Alleinerbe keine Erbschaftsteuerbefreiung bezüglich eines Wohnungs-Miteigentumsanteils beanspruchen kann, sofern er den vom Vater geerbten Wohnungs-Miteigentumsanteil unentgeltlich der dort weiterhin wohnenden Mutter überlässt.

Im vorliegenden Fall hatte die Tochter als Alleinerbin ihres im Jahre 2010 verstorbenen Vaters geklagt. Ihre Mutter hatte zuvor als testamentarisch eingesetzte Erbin die Erbschaft ausgeschlagen. Die Klägerin machte in ihrer Erbschaftsteuererklärung für den im Nachlassvermögen befindlichen hälftigen Miteigentumsanteil an dem elterlichen Wohnungseigentum eine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4c Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) geltend. Sie begründete dies damit, dass es sich bei dem Wohnungseigentum nach dem Tod des Vaters auch weiterhin um ein Familienwohnheim handele, da das vor dem Erbfall von beiden Eltern genutzte Wohneigentum nunmehr von der Mutter allein genutzt werde. Die unentgeltliche Überlassung des zum Nachlass des Vaters gehörenden Miteigentumsanteils durch die Klägerin an ihre Mutter stelle eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken dar, was zur Erbschaftsteuerbefreiung führe.

Das Finanzamt war der Auffassung, dass bei der vorliegenden Konstellation keine Selbstnutzung der Klägerin zu eigenen Wohnzwecken im Sinne der erbschaftsteuerlichen Befreiungsvorschrift vorliege, und setzte deshalb – unter Hinzurechnung des übrigen Nachlassvermögens – die zu zahlende Erbschaftsteuer fest. Auch das FG folgte der Auffassung der Klägerin nicht und wies die Klage ab.

Das FG begründete dies damit, dass sowohl die gesetzliche Regelung als auch die höchstrichterliche Rechtsprechung für eine Steuerbefreiung fordern würden, dass die Wohnung als sogenanntes Familienheim beim Erben unverzüglich zur Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken bestimmt sei und dass sich in dieser Wohnung der Mittelpunkt des familiären Lebens des Erben befinde. Um diese Voraussetzung zu erfüllen, sei es nicht ausreichend, dass die Klägerin nach dem Erbfall nur (nach eigener Aussage) gelegentlich zwei Räume der Wohnung genutzt habe und die Wohnung im Übrigen unentgeltlich ihrer Mutter überlassen habe. Vor allem stelle eine unentgeltliche Überlassung der Wohnung zu Wohnzwecken an die Mutter als Angehörige keine Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken der Klägerin dar.

Des Weiteren führte das FG aus, dass sich die Klägerin nicht darauf berufen könne, dass sie nur den hälftigen Miteigentumsanteil geerbt habe, sodass sie nicht zur alleinigen und uneingeschränkten Nutzung der Wohnung berechtigt sei. Zudem sei es auch nicht entscheidend, dass die Klägerin täglich in die Wohnung komme und auch gelegentlich dort in einem Zimmer übernachtet habe, um ihre weit über 80-jährige Mutter zu betreuen und zu versorgen. Dasselbe gelte auch für den Umstand, dass die Klägerin ein weiteres Zimmer der Wohnung genutzt habe, um dort Nachlassunterlagen zu lagern und um von dort aus den Nachlass zu verwalten.

Der Bundesfinanzhof hat sich für eine einschränkende Auslegung der Steuerbefreiungsvorschriften des § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG für Familienheime ausgesprochen (siehe Urteile vom 18.7.2013 – II R 35/11, und vom 3.6.2014 – II R 45/12, SteuWi 6/2014 S. 10). Dies setze auch beim Erwerb eines Miteigentumsanteils voraus, dass das Wohnungsobjekt den Mittelpunkt des familiären Lebens des Erben bilde.

Das FG hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts zugelassen. Das Aktenzeichen beim Bundesfinanzhof lautet: II R 32/15.