In der Entscheidung vom 12.5.2015 – IX R 32/14 musste sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit der Frage befassen, welches Recht bei einer gleitenden Vermögensübergabe Anwendung findet.
In dem Verfahren hatte der Vater des Klägers im Jahr 1998 seinen landwirtschaftlichen Betrieb aufgegeben und den Grundbesitz in sein Privatvermögen überführt. Im März 2007 übertrug er seinen verpachteten Grundbesitz im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unentgeltlich auf den Kläger und behielt sich den Nießbrauch daran vor. Im Vertrag war für den Fall des Verzichts auf den Nießbrauch vorgesehen, dass der Kläger an den ehemaligen Nießbraucher einen monatlich wiederkehrenden Betrag zu zahlen hat, der der Höhe nach etwa den erzielbaren Netto-Pachteinnahmen des übertragenen Grundbesitzes entsprechen und als dauernde Last vereinbart werden sollte. Die Eltern des Klägers verzichteten im November 2010 auf den Nießbrauch und vereinbarten mit dem Kläger ein jährliches Baraltenteil von 15.000 € ab Januar 2011 mit wechselseitigen Anpassungsverpflichtungen. In seiner Einkommensteuererklärung machte der Kläger die Altenteilsleistungen als Sonderausgaben geltend, das Finanzamt lehnte den Abzug jedoch ab.
Dem folgte der Bundesfinanzhof nicht, er gab dem Kläger Recht. Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der gleitenden Übergabe von Privatvermögen können grundsätzlich auch weiterhin als Rente oder dauernde Last abgezogen werden, wenn die Vermögensübertragung vor Januar 2008 vereinbart wurde und die Voraussetzungen von § 52 Abs. 23e Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) i.d.F. durch das Jahressteuergesetz (JStG) 2008 nicht vorliegen. Es kommt nicht darauf an, in welchem Zeitpunkt der Nießbrauch abgelöst und die Versorgungsleistung vereinbart wurden; unerheblich ist auch, ob die Ablösung des Nießbrauchs und der Zeitpunkt bereits im Übergabevertrag verbindlich vereinbart waren.
Das neue Recht, wonach Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit der Übertragung von Privatvermögen grundsätzlich nicht mehr als Sonderausgaben abgezogen werden können, war auf die hier zu beurteilende Versorgungsleistung nicht anwendbar, da die gesetzlichen Voraussetzungen für seine Anwendung nicht vorlagen.
Die Übergangsvorschrift in § 52 Abs. 23e EStG i.d.F. des JStG 2008 (EStG 2008; im Streitjahr: § 52 Abs. 23g EStG; heute: § 52 Abs. 18 Satz 1 und 2 EStG) regelt die Anwendung des neuen Rechts. Nach § 52 Abs. 23e Satz 1 EStG 2008 ist § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG n.F. auf Versorgungsleistungen anzuwenden, die auf nach dem 31.12.2007 vereinbarten Vermögensübertragungen beruhen. Diese Voraussetzung war hier schon nicht erfüllt, weil die betreffende Vermögensübertragung im März 2007 vereinbart worden war.
Auf die vor Januar 2008 geschlossenen Übergabeverträge ist § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG n.F. anwendbar, wenn das übertragene Vermögen nur deshalb ausreichenden Ertrag bringt, weil ersparte Aufwendungen mit Ausnahme des Nutzungsvorteils eines zu eigenen Zwecken vom Vermögensübernehmer genutzten Grundstücks zu den Erträgen des Vermögens gerechnet werden. Auch diese Voraussetzung war nicht erfüllt.
Für die Frage, ob altes oder neues Recht anwendbar ist, kommt es nicht darauf an, wann die Vereinbarung hinsichtlich der Versorgungsleistung erfolgte. Die hiervon abweichende Auffassung der Vorinstanz, wonach in derartigen Fällen das alte Recht nur gelten soll, wenn die Ablösung des Nießbrauchsrechts gegen Versorgungsleistungen und der Zeitpunkt bereits im Übertragungsvertrag verbindlich vereinbart waren, findet im Gesetz keine Stütze. Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Auffassung, wäre sie Gesetz geworden, mit der Verfassung in Einklang stände.