Direkt zum Inhalt

Stromüberlassung als Leistungsaustausch oder Gesellschafterbeitrag?

Der Bundesfinanzhof (BFH) beschäftigte sich in seinem Beschluss vom 11.6.2015 – V B 140/14 mit der umsatzsteuerlichen Abgrenzung zwischen einem nichtsteuerbaren Leistungsaustausch und einem steuerbaren Gesellschafterbeitrag.

In dem Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der Revision ging es um die Entscheidung des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz (FG) vom 9.10.2014 – 6 K 1704/12. Dabei stand die Frage zur Entscheidung, ob der Kläger als Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft an diese Strom gegen Entgelt oder als bloßen Gesellschafterbeitrag geliefert hatte und infolgedessen zum Vorsteuerabzug berechtigt war oder nicht. Das FG hatte in seiner Entscheidung einen Leistungsaustausch und damit den Vorsteuerabzug verneint.

Der BFH wies die Beschwerde als unbegründet zurück, da nach seiner Auffassung eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage mangels Klärungsbedürftigkeit nicht vorlag. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH setzt die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbare Leistung gegen Entgelt voraus, dass zwischen dem Unternehmer und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, das einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Leistung und Entgelt begründet, sodass das Entgelt als Gegenwert für die Leistung anzusehen ist (vgl. BFH-Urteile vom 4.7.2013 – V R 33/11 und vom 5.12.2007 – V R 60/05 mit weiteren Nachweisen zur Rechtsprechung).

Verschiedenen BFH-Urteilen ist zu entnehmen, dass die Abhängigkeit des Entgeltanteils (Gewinnanteils) vom Umfang des jeweiligen Leistungsbeitrags das entscheidende Merkmal der Abgrenzung zwischen nichtsteuerbarem Leistungsbeitrag und steuerbarem Leistungsaustausch darstellt. So ist der BFH bei der Überlassung von Baugeräten im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft des Baugewerbes (Urteil vom 7.12.1967 – V 45/65) von einem Leistungsaustausch ausgegangen, weil die Überlassung entsprechend der Nutzung abgegolten wurde. In dem sog. Kartoffelbrennerei-Fall (Urteil vom 10.5.1990 – V R 47/86) wurde der Leistungsaustausch bejaht, weil die Gewinnverteilung nicht nach einem pauschalen, vorab festgelegten Schlüssel, sondern nach der Menge der jeweils angelieferten Rohstoffe erfolgte. Auch in dem sog. Ferienhaus-Fall (Urteil vom 25.5.2000 – V R 66/99) hat der BFH für den Leistungsaustausch die Abhängigkeit der Vergütung von der tatsächlichen Belegung der Ferienwohnung und damit von einem konkreten Bezug zum Umfang der jeweiligen Leistung des Gesellschafters gefordert.

Steht der Umfang der tatsächlich erbrachten Leistung (hier Stromlieferung) nicht fest und wird die Vergütung daher nach einem von der Leistung unabhängigen Prozentsatz bemessen, fehlt es an der gegenseitigen Abhängigkeit von Leistung und Gegenleistung, sodass ein Leistungsaustausch ausgeschlossen ist.

Der BFH lehnte eine Zulassung der Revision wegen Divergenz des Urteils der Vorinstanz zu den BFH-Urteilen vom 22.6.1989 – V R 37/84 und vom 16.3.1993 – XI R 44/90 ab. Beide Urteile betreffen zwar die Voraussetzungen eines Leistungsaustausches, behandeln jedoch unterschiedliche Sachverhalte und unterschiedliche Rechtsfragen: Während das Urteil des FG die Frage des unmittelbaren Zusammenhangs zwischen Leistung und Gegenleistung betrifft, geht es in der angeblichen Divergenzentscheidung um eine nicht erbrachte Gegenleistung (Entgelt). Nach den Ausführungen des Senats steht es einem Leistungsaustausch nicht entgegen, dass der Leistende die gewollte, erwartete oder erwartbare Gegenleistung, das Entgelt, nicht oder nicht in dem erwarteten Umfang erhält – sei es, dass sich die begründete Erwartungshaltung nicht erfüllt, dass das Entgelt uneinbringlich wird oder sich nachträglich mindert.