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Keine Übertragung einer § 6b-Rücklage bei mittelbarer Grundstücksschenkung

Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) hat mit Urteil vom 16.9.2015 – 9 K 58/14 entschieden, dass die Übertragung einer Rücklage nach § 6b EStG auf ein Grundstück, das infolge einer mittelbaren Grundstücksschenkung dem Schenker zurechenbar ist, nicht möglich sei. In diesem Fall ist der Ermessensspielraum des Finanzamts, aus sachlichen Billigkeitsgründen eine abweichende Steuerfestsetzung nach § 163 AO vorzunehmen, auch nicht auf Null reduziert, sodass das Finanzamt selbst keine Billigkeitsmaßnahme treffen kann.

Im Streitfall hatte der Kläger zum 1.1.1995 einen landwirtschaftlichen Betrieb im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Buchwertfortführung von seiner Mutter übernommen. Der Buchwertübergang erfasste dabei auch eine von der Mutter gebildete Rücklage gem. § 6b EStG für Bodenveräußerungsgewinne in Höhe von rund 780.000 DM. Mit Schenkungsvertrag vom gleichen Tag erhielt er von seiner Mutter 600.000 DM unter der Auflage, den Betrag innerhalb einer Frist von zwei Jahren für die Herstellung eines Wohnhauses zu verwenden.

Schenkungsteuerlich wurde die Übertragung des Geldes als mittelbare Grundstücksschenkung behandelt, d. h. mit dem Grundbesitzwert des Wohnhauses berücksichtigt. Ertragsteuerlich übertrug der Kläger die Rücklage nach § 6b EStG auf die Herstellungskosten des Wohnhauses.

Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der Vorgang auch ertragsteuerlich als mittelbare Grundstücksschenkung zu behandeln sei und die Herstellungskosten des Hauses der Mutter zuzurechnen seien, soweit diese die Herstellungskosten getragen habe. Lediglich für die unmittelbar vom Kläger getragenen Herstellungskosten (190.000 DM) ließ es die Übertragung der 6b-Rücklage zu. Nach Ablauf der Reinvestitionsfrist wurde die restliche Rücklage einschließlich Zinsen Gewinn erhöhend aufgelöst.

Das Einspruchsverfahren dagegen ruhte zunächst bis zum Abschluss der beim BFH anhängigen Verfahren IV R 9/06 und IV B 59/12. Mit Urteil vom 23.4.2009 entschied der BFH, dass die Grundsätze der mittelbaren Grundstücksschenkung auch im Rahmen des § 6b EStG Anwendung finden und eine 6b-Rücklage nicht auf ein im Wege der mittelbaren Grundstücksschenkung erworbenes Grundstück übertragbar sei. In einem obiter dictum führte der BFH weiter aus, dass er angesichts der Besonderheiten des Streitfalls die Voraussetzungen für eine abweichende Steuerfestsetzung aus sachlichen Billigkeitsgründen gem. § 163 AO als gegeben ansehe. Der Kläger machte sich die Ausführungen des BFH zu eigen und beantragte eine abweichende Einkommensteuerfestsetzung im Billigkeitsweg nach § 163 AO. Dies wurde vom Finanzamt abgelehnt.

Das hiergegen eingeleitete Einspruchsverfahren ruhte bis zur Entscheidung des FG Niedersachsen vom 15.3.2012 – 14 K 40/11, in der das Gericht die Klage als unbegründet zurückwies, da es keinen Ermessensfehler in der Entscheidung der Finanzbehörde feststellte. Das Finanzamt lehnte daraufhin den Einspruch des Klägers ab.

Das FG Niedersachsen hielt in seinem Urteil vom 16.9.2015 die hiergegen eingelegte Klage für unbegründet, da persönliche Billigkeitsgründe nicht vorgetragen und sachliche Billigkeitsgründe nicht erkannt wurden. Die im Streitfall vom Kläger begehrte Entscheidung, den Billigkeitserlass auszusprechen, kann das Gericht selbst nur dann treffen, wenn der Ermessensspielraum des beklagten Finanzamts dahingehend eingeschränkt war, dass die Entscheidung, die Billigkeitsmaßnahme auszusprechen, sich als einzig richtige Ermessensentscheidung darstellt (sog. Ermessensreduzierung auf Null). Das FG konnte jedoch keinen Ermessensfehler des Finanzamts feststellen. Eine Ermessensreduzierung auf Null, die eine Billigkeitsmaßnahme indiziert, lag nach Auffassung des Gerichts nicht vor.