In dem Urteil des Finanzgerichts Münster (FG) vom 24.11.2015 – 12 K 3933/12 F ging es um die Frage, ob Verluste eines geschlossenen Anlagefonds, der die Errichtung und den Betrieb von Biogasanlagen zum Ziel hat, als Verluste in Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell (§ 15b Einkommensteuergesetz – EStG) anzusehen sind. Das FG hat dies eindeutig verneint.
Die Klägerin (GmbH & Co. KG) betrieb im Jahr 2005 im Rahmen eines geschlossenen Anlagefonds die Errichtung und den Betrieb von Biogasanlagen an langfristig gepachteten Standorten. Um Kommanditisten zu akquirieren, bot sie in einem 142-Seiten-Prospekt Fondsbeteiligungen ab einem Anlagebetrag von 5.000 € an. In den Jahren 2005 und 2006 hatten sich insgesamt mehr als 350 Kommanditisten beteiligt.
Nach einer Betriebsprüfung im Jahr 2011 kam der Prüfer zu der Auffassung, dass es sich bei den unstreitigen Verlusten in 2005 und 2006 um Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell gem. § 15b EStG handele, die nur mit zukünftigen Einkünften aus derselben Einkunftsquelle verrechnet werden könnten.
Die Klägerin legte Einspruch ein. Sie wies darauf hin, dass an keiner Stelle des Prospekts mit steuerlichen Vorteilen geworben werde. Vielmehr handele es sich um typische Anlaufverluste, die nach dem BMF-Schreiben vom 17.7.2007 nicht in den Anwendungsbereich des § 15b EStG einzubeziehen sind. Das Finanzamt wies den Einspruch zurück und begründete dies damit, dass die prognostizierten Verluste die 10 %-Grenze des § 15b Abs. 3 EStG deutlich übersteigen würden.
Das FG hielt die Klage für in vollem Umfang begründet. Durch § 15b EStG sollte die Attraktivität von sog. Steuerstundungsmodellen durch eine Beschränkung der Verlustverrechnung gemindert werden. Dabei handelt es sich nach den Vorstellungen des Gesetzgebers um geschlossene Fonds in Form von Personengesellschaften, die ihren Anlegern in der Anfangsphase hohe Verluste zuweisen.
Steuerstundungsmodelle liegen dann vor, wenn aufgrund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Dies ist der Fall, wenn dem Steuerpflichtigen aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten wird, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen. Wenn der Anleger vorrangig eine kapitalmäßige Beteiligung ohne Interesse an einem Einfluss auf die Geschäftsführung anstrebt, kann dies als Indiz für ein Steuerstundungsmodell gesehen werden. Entscheidend ist jedoch eine wertende Gesamtbetrachtung der Einzelfallumstände.
Das FG übertrug diese Grundsätze auf den Streitfall und kam zu dem Ergebnis, dass ein Steuerstundungsmodell nicht vorliegt. Der Anlegerprospekt sei darauf ausgerichtet, (Klein-)Anleger zu werben, die beabsichtigen, nachhaltig zukunftsorientiert und lukrativ in die Erzeugung von Bioenergie zu investieren. Dieses Konzept stelle bereits dem Grunde nach eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Investition dar.
Aus dem Konzept lässt sich keine modellhafte Gestaltung herleiten, die vornehmlich auf die Erzielung steuerlicher Vorteile gerichtet ist. Das Prognoseergebnis ist im Wesentlichen bestimmt durch die Inanspruchnahme der degressiven AfA sowie von Sonderabschreibungen. Eine derartige Ausweitung des § 15b EStG würde zu einer steuerlichen Ungleichbehandlung von Kleinanlegern gegenüber Großinvestoren führen, für die außer Frage steht, dass sie bei einer Investition negative Ergebnisse im Jahr der Inbetriebnahme unbeanstandet in Ansatz bringen können.