Der Bundesfinanzhof (BFH) musste sich in seinem Urteil vom 1.12.2015 – IX R 9/15 mit der Frage auseinandersetzen, aus welchen Umständen nach Kauf eines unbebauten Grundstücks auf die Bebauungs- und Vermietungsabsicht des Käufers geschlossen werden kann. Sein Fazit: Erforderlich ist die Gesamtwürdigung der objektiven Umstände des Einzelfalls. Ein vorsichtiges, auf das Ansparen von Eigenkapital gerichtetes Finanzierungsverhalten spricht nicht gegen die behauptete Bebauungsabsicht. Es muss sich aber aus weiteren Umständen ergeben, dass sich der Steuerpflichtige seinen Angaben entsprechend verhalten und entsprechende Mittel tatsächlich angesammelt hat. Dafür kann die spätere Verwendung der angesparten Mittel rückwirkend von Bedeutung sein.
Der Kläger (K) erwarb im Juni 2003 ein unbebautes Grundstück zur Errichtung eines Verwaltungsbaukörpers. Er verpflichtete sich vertraglich, die Errichtung binnen einer Frist von 2,5 Jahren vorzunehmen und an der nördlichen Grundstücksgrenze eine Mauer in Höhe von 2,20 m zu errichten. Den Kaufpreis des Grundstücks finanzierte K durch Aufnahme eines Darlehens. Mit Ablauf der Zinsbindungsfrist hatte er das Darlehen vollständig zurückgezahlt. Bis Februar 2013 sammelte er daneben ein Sparguthaben über 311.000 € an.
Im Jahr 2005 beauftragte er einen Architekten, einen Konzeptvorschlag für die Bebauung des Grundstücks zu machen. Diesem Vorschlag trat er nicht näher, sondern beauftragte danach ein anderes Architektenbüro mit einer Entwurfs- und Genehmigungsplanung. Im Jahr 2008 ließ er die vereinbarte Grenzmauer errichten. Im Juli 2012 beantragte K die Genehmigung zur Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses mit vier Wohneinheiten, einer Gewerbeeinheit und 12 Stellplätzen. Das Gebäude wurde Mitte 2014 fertiggestellt und teilweise vermietet. Die bebaute Parzelle machte etwas mehr als 25 % der Gesamtfläche des Grundstücks aus.
Für die Streitjahre 2003 bis 2010 wurden die grundstücksbezogenen Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten geltend gemacht. Im Dezember 2011 änderte das Finanzamt jedoch die ESt-Bescheide für 2003 bis 2010 nach § 165 Abgabenordnung (AO) und ließ dabei die Aufwendungen für das Grundstück unberücksichtigt, da die Bebauungsabsicht nicht zu erkennen und nicht nachgewiesen sei.
K legte nach erfolglosem Einspruch Klage ein. Die Berichterstatterin schlug vor, den Rechtsstreit einvernehmlich dadurch zu beenden, dass 30 % der Aufwendungen in allen Streitjahren anerkannt werden. K lehnte diesen Vorschlag ab. Danach wies das Finanzgericht die Klage in vollem Umfang ab.
Der BFH hielt die Revision für begründet. Auf die Bebauungs- und Vermietungsabsicht kann nur anhand von äußeren Umständen (Indizien) geschlossen werden. Dabei müssen nicht nur die im Streitzeitraum eingetretenen Umstände berücksichtigt werden, sondern in Zweifelsfällen auch das spätere Verhalten des Steuerpflichtigen. Der zeitliche Abstand zwischen dem Erwerb des Grundstücks und seiner Bebauung bzw. Vermietung ist kein gesetzliches Tatbestandsmerkmal für den Werbungskostenabzug.
Der Steuerpflichtige muss dokumentieren, dass er seine Bauabsicht nachhaltig zu verwirklichen sucht. Ein vorsichtiges, auf das Ansparen von Eigenkapital gerichtetes Finanzierungsverhalten spricht nicht gegen die (behauptete) Bebauungsabsicht. Weitere Indizien sind die Beauftragung eines Architekten, eine Bauvoranfrage, eine Finanzierungsplanung etc.
Diesen Anforderungen genügt das angefochtene FG-Urteil nach Ansicht des BFH nicht. Daher verwies es die Sache zurück, damit das FG seine tatsächliche Überzeugungsbildung wiederholt.