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Anwendungserlass zu § 153 AO – Berichtigung von Erklärungen

Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben mit Schreiben vom 23.5.2016 – IV A 3 – S 3224/15/10001 und IV A 4 – S 0324/14/10001 den Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) um eine Regelung zu § 153 Abgabenordnung (AO) ergänzt. Dabei werden insbesondere die Kriterien für eine genaue Abgrenzung zwischen der Anzeige- und Berichtigungspflicht (§ 153 AO) und der strafbefreienden Selbstanzeige (§ 371, § 378 Abs. 3 AO) präzisiert.

Spätestens seit der Verschärfung der strafbefreienden Selbstanzeige und der Einführung weiterer Sperrgründe durch das „Schwarzgeldbekämpfungsgesetz“ vom 28.4.2011 ist die Frage, ob eine fehlerhafte Steuererklärung eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Falscherklärung oder ein bloßes Versehen im innerbetrieblichen Arbeitsablauf darstellt, von hoher praktischer Bedeutung. Hier die wichtigsten Punkte des Erlasses:

Die Anzeige- und Berichtigungspflicht besteht, wenn ein Steuerpflichtiger bzw. sein gesetzlicher Vertreter, sein Gesamtrechtsnachfolger oder eine andere in § 153 Abs. 1 Satz 2 Abgabenordnung genannte Person nachträglich erkennt, dass eine von ihm oder für ihn abgegebene Erklärung objektiv unrichtig oder unvollständig ist und dass es dadurch zu einer Steuerverkürzung gekommen ist oder kommen kann (§ 153 Abs. 1 Satz 1 AO).

Erkennt der Steuerpflichtige erst im Nachhinein die Fehlerhaftigkeit der von ihm abgegebenen Erklärung und kommt er seiner Anzeige- und Berichtigungspflicht unverzüglich nach, liegt weder eine Steuerhinterziehung noch eine leichtfertige Steuerverkürzung vor, wenn es sowohl am Vorsatz als auch an der Leichtfertigkeit fehlt.

Ein Fehler, der dem Anzeige- und Berichtigungspflichtigen unterlaufen ist, ist straf- bzw. bußgeldrechtlich nur vorwerfbar, wenn er vorsätzlich bzw. leichtfertig begangen wurde. Es ist zwischen einem bloßen Fehler und einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit zu differenzieren. Nicht jede objektive Unrichtigkeit legt den Verdacht einer Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit nahe.

Die Anzeige- und Berichtigungspflicht erstrecken sich nicht nur auf Steuererklärungen, sondern auf alle Erklärungen des Steuerpflichtigen, die Einfluss auf die Höhe der festgesetzten Steuer oder auf gewährte Steuervergünstigungen gehabt haben (z. B. auf Änderungsanträge, Anträge auf Herabsetzung der Vorauszahlungen).

Es besteht aber keine Verpflichtung, unaufgefordert Angaben zur Erhöhung festgesetzter Vorauszahlungen zu machen, wenn sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen erst nach einem Antrag auf Herabsetzung von Vorauszahlungen geändert haben. Eine Anzeige- und Berichtigungspflicht besteht lediglich dann, wenn eine erstmalige Festsetzung oder Herabsetzung von Vorauszahlungen auf den vom Steuerpflichtigen unrichtig bzw. unvollständig gemachten Angaben beruht.

Die Anzeige nach § 153 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Abgabenordnung sowie die Berichtigung nach § 153 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung müssen unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern gegenüber der sachlich und örtlich zuständigen Finanzbehörde gemacht werden.

Mit Ablauf der Festsetzungsfrist nach §§ 169 ff. Abgabenordnung endet die Anzeige- und Berichtigungspflicht. Erstattet der Steuerpflichtige vor Ablauf der Festsetzungsfrist eine Anzeige nach § 153 Abgabenordnung oder eine Selbstanzeige, so endet nach § 171 Abs. 9 Abgabenordnung die Festsetzungsfrist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Eingang der Anzeige.