Eine Definition für den Begriff „Vorkosten“ im Zusammenhang mit Schlachtviehlieferungen sucht man in den (Steuer-) Gesetzen vergeblich. Bis zu ihrer Aufhebung zum 18.11.2008 hieß es in § 2 der 6. Vieh- und Fleischgesetz-Durchführungsverordnung:
„(1) In der Abrechnung müssen außer den in § 1 genannten Angaben das Datum des Liefertages und die Beiträge für den Absatzfonds angegeben werden. In der Abrechnung muß zusätzlich der Betrag (Vorkosten), um den der Preis frei Eingang Schlachtstätte verringert wird (Erfassungskosten, Kosten der Lebendverwiegung, Transportkosten, Versicherungskosten, sonstige Vorkosten), angegeben werden. Die Angabe darf jedoch nur erfolgen, soweit die Vorkosten dem abrechnenden Betrieb tatsächlich entstanden sind.
(2) Falls Kosten für eine Transportversicherung oder sonstige Versicherung oder Vorsorge für Schäden, die vor der Schlachtung eintreten oder im Tier angelegt sind, in den Vorkosten enthalten sind, ist zusätzlich anzugeben, welche Risiken im einzelnen durch die Versicherung oder sonstige Vorsorge gedeckt werden.
(3) Die Vorkosten sind getrennt für Schlachtkörper von Rindern, Kälbern, Schweinen und Schafen in Euro je Schlachtkörper anzugeben.“
Die Oberfinanzdirektion Niedersachsen (OFD) hat sich mit dem Begriff „Vorkosten“ bei Schlachtviehlieferungen befasst und zählt in ihrer Verfügung vom 24.3.2016 – S 7100-80-St 172 unter anderem (auch) Transportkosten, Erfassungskosten, Kosten der Lebendverwiegung, Versicherungskosten sowie Veterinärkosten dazu.
Nach Ansicht der OFD kommt es hinsichtlich der steuerlichen Behandlung der Vorkosten (als Entgeltminderung oder als eigenständige sonstige Leistung) auf den Gefahrübergang an, der sich wiederum nach den jeweiligen vertraglichen Vereinbarungen richtet. Beim Gefahrübergang ist zu unterscheiden zwischen Gefahrübergang bei Ankunft des Schlachtviehs am Schlachthof und Gefahrübergang bei der Verladung des Schlachtviehs.
Ist der Gefahrübergang am Schlachthof (auf der Waage) vereinbart und geht die Gefahr des zufälligen Untergangs mit der Wägung des Schlachtviehs auf den Schlachthofbetreiber über, erbringt der Schlachthofbetreiber bis zum Abschluss der Wägung sonstige Leistungen an den Landwirt. Die Vorkosten sind entsprechend als solche der Umsatzsteuerpflicht mit dem Regelsteuersatz zu unterwerfen.
Ist hingegen vereinbart, dass die Gefahr des zufälligen Untergangs mit der Verladung des Schlachtviehs beim Landwirt (ab Rampe) übergeht, sind die Vorleistungen des Schlachthofs oder Viehhändlers nicht steuerbare Leistungen. Denn diese werden nicht an den Landwirt geleistet. Schlachthof bzw. Viehhändler erbringen die Leistungen vielmehr an sich selbst. Die Vorkosten, die dem Landwirt je nach Vereinbarung vom Viehpreis abgezogen werden, sind Preisbestandteil für die erworbenen Tiere.
Bei vereinbartem „Gefahrübergang bei Verladung“ liegt nach Auffassung der OFD keine Entgeltminderung vor. Eine Entgeltminderung liegt jedoch dann vor, wenn die Tiere krank waren und dieser Umstand erst bei der tierärztlichen Untersuchung im Schlachthof aufgedeckt worden ist (verdeckte Mängel). Ein Schadenersatz liegt in diesen Fällen nach Auffassung der OFD nicht vor (siehe dazu auch Abschnitt 1.3 Abs. 1 Satz 5 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses – UStAE). Im Einzelfall können beim Schlachtviehverkauf nach Auffassung der OFD auch umsatzsteuerpflichtige Vermittlungsleistungen entstehen. Diese wären z. B. dann gegeben, wenn der Viehhändler das Schlachtvieh nach Vereinbarung für den Landwirt vermarktet.