Das Finanzgericht Nürnberg (FA) entschied mit Urteil vom 14.1.2016 – 4 K 814/15, dass bei zeitnaher Veräußerung der nachgewiesene niedrige gemeine Wert bei der Ermittlung des Grundbesitzwertes eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs für Zwecke der Erbschaftsteuer nicht statt des Liquidationswertes – abgeleitet aus den Bodenrichtwerten – angesetzt werden kann.
Der Kläger (K) erbte im August 2011 die beiden Flurstücke, die vom Finanzamt als Betrieb der Land- und Forstwirtschaft (Stückländerei) mit Einheitswertbescheid vom 19.4.2011 festgestellt worden waren. Im Jahr 2012 veräußerte K die beiden Flurnummern für 123.840 €. Das beklagte Finanzamt stellte für den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft einen Grundbesitzwert in Höhe von 235.296 € fest, korrigierte den Bescheid über die gesonderte Feststellung des Grundbesitzwertes aber später auf 191.952 €.
K legte Einspruch ein mit der Begründung, dass auf den niedrigeren gemeinen Wert, nämlich auf den Veräußerungspreis von 123.840 € abzustellen sei. Nach erfolglosem Einspruch erhob K Klage und verwies darauf, dass für Ackerland ein Quadratmeterpreis von 8 bis 9 € üblich sei. Er habe nur deshalb einen überdurchschnittlichen Kaufpreis von 18 €/qm erzielt, weil die Ackerflächen für den Betrieb des Erwerbers äußerst günstig gelegen seien. Der vom Finanzamt angesetzte Bodenrichtwert von 31 €/qm sei mit dem 1,5-fachen des realistisch erzielbaren Kaufpreises völlig unangemessen. In § 198 BewG habe der Gesetzgeber ausdrücklich die Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren gemeinen Wertes durch zeitnahe Verkaufserlöse eröffnet.
Das Finanzgericht hielt die Klage für unbegründet und schloss sich der Auffassung des Finanzamtes an. Zutreffend wurde vom Finanzamt der Grundbesitzwert für den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb als Wert des Wirtschaftsteils mit dem Liquidationswert in Höhe von 191.952 € festgestellt, da in § 198 BewG eine abweichende Bewertung anhand eines nachgewiesenen Kaufpreises nicht vorgesehen sei. Das Gesetz eröffne keine Möglichkeit, den erzielten Veräußerungserlös als niedrigeren gemeinen Wert der Bewertung zugrunde zu legen.
Für wirtschaftliche Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens sind die Grundbesitzwerte unter Anwendung der §§ 158 bis 175 BewG zu ermitteln. Im Streitfall liegt keine Stückländerei vor, da für die Ackerflächen keine Miet- oder Pachtverträge bestanden und damit am Bewertungsstichtag auch keine Nutzungsüberlassung über einen Zeitraum von 15 Jahren. Gemäß § 166 Abs. 2 Nr. 1 BewG ist der Grund und Boden mit den zuletzt vor dem Bewertungsstichtag ermittelten Bodenrichtwerten anzusetzen und zur Berücksichtigung der Liquidationskosten um 10 % zu vermindern. Dies hat das Finanzamt zutreffend durchgeführt. Der nach § 198 BewG mögliche Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes betrifft ausschließlich wirtschaftliche Einheiten des Grundvermögens.
Das Finanzgericht ließ die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu. Nach der Entscheidung des BVerfG vom 7.11.2006 – 1 BvdL 10/02 hat sich die Bewertung vorrangig am gemeinen Wert zu orientieren. Der nach § 166 BewG zutreffend ermittelte Liquidationswert betrug das 1,55-fache des tatsächlich erzielten Veräußerungserlöses.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jedoch bereits in seinem Urteil vom 5.5.2004 – II R 45/01 das Dreifache des gemeinen Wertes oder im Beschluss vom 23.10.2002 – II B 153/01 das rund 1,4-fache eines sich aus dem Bodenrichtwert errechneten Verkehrswertes als extrem über das normale Maß hinausgehende Werte angesehen, die gegen das Übermaßverbot verstießen. Auf das Urteil des BFH darf man daher äußerst gespannt sein.