Wird bei einer Personengesellschaft ein Investitionsabzugsbetrag (§ 7g Einkommensteuergesetz – EStG) vom Gesamthandsvermögen abgezogen, so kann die geplante Investition dennoch später von einem Gesellschafter vorgenommen und in dessen Sonderbetriebsvermögen aktiviert werden – so entschied der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 15.11.2017 – VI R 44/16.
In dem entschiedenen Fall hatte eine GbR im Wirtschaftsjahr 2007/2008 Investitionsabzugsbeträge (IABs) in Höhe von 44.000 € geltend gemacht und den Gesamthandsgewinn entsprechend außerbilanziell gemindert. Im Juli 2010 tätigte der Gesellschafter A beide Investitionen aus eigenen Mitteln und aktivierte die Wirtschaftsgüter in seiner Sonderbilanz.
Das Finanzamt änderte daraufhin die Feststellungsbescheide der GbR für 2007/2008, machte die geltend gemachten IABs rückgängig und erhöhte den festgestellten Gewinn mit der Begründung: Werde ein IAB im Gesamthandsvermögen gebildet, sei eine Anschaffung im Sonderbetriebsvermögen nicht nach § 7g EStG begünstigt. Es lehnte den Einspruch ab und berief sich dabei auf das BMF-Schreiben vom 8.4.2009 (jetzt BMF-Schreiben vom 20.11.2013 – IV C 6 – S 2139 – b/07/10002).
Das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) gab mit Urteil vom 11.3.2016 – 9 K 2928/13 der Klägerin Recht und entschied, dass ein im Gesamthandsvermögen gebildeter IAB auch dann nicht zu versagen ist, wenn die Investition im Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters vorgenommen wird.
Der BFH hielt einstimmig die Revision des Finanzamtes für unbegründet. Bei Personengesellschaften sind § 7g Abs. 1 bis 6 EStG mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Steuerpflichtigen die Gesellschaft tritt. Daraus folgt, dass die Regelung des § 7g EStG – soweit sie nicht auf Einzelunternehmer anzuwenden ist – betriebs- und nicht personenbezogen auszulegen ist. Zum Betriebsvermögen einer Personengesellschaft gehört aber in steuerlicher Hinsicht nicht nur das Gesamthandsvermögen, sondern auch das Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 3.5.1993 – GrS 3/92). Es ist daher für die Frage, ob eine vorgenommene Investition diejenige ist, für die der Abzugsbetrag in Anspruch genommen wurde, ohne Bedeutung, ob die Investition im Bereich des Gesamthands- oder des Sonderbetriebsvermögens realisiert worden ist.
Der Gesetzeswortlaut des § 7g EStG verpflichtet eine Personengesellschaft nicht dazu, bereits bei Antragstellung festzulegen, ob die Investition von der Gesamthand oder einem Gesellschafter finanziert werden wird. Dem Gesetzeswortlaut ist auch dann Genüge getan, wenn das Wirtschaftsgut entgegen dem ursprünglichen Antrag der Personengesellschaft nicht im Gesamthandsvermögen angeschafft, sondern von einem Gesellschafter in dessen Sonderbetriebsvermögen erworben wird.
Es entspricht auch dem Gesetzeszweck, die Liquidität und die Eigenkapitalausstattung kleinerer und mittlerer Betriebe zu verbessern. Dieses Ziel wird auch erreicht, wenn ein Gesellschafter die Investition alleine finanziert und das Wirtschaftsgut daher zu seinem Sonderbetriebsvermögen gehört.
Der BFH trat damit nicht nur der Auffassung der Finanzverwaltung, sondern auch einer Literaturmeinung entgegen, nach der eine quotale Rückgängigmachung – nach dem Umfang der Beteiligung des investierenden Gesellschafters – gefordert wird. Nach Auffassung des BFH kommt eine Investition im Sonderbetriebsvermögen dem Betrieb der Gesellschaft ebenso in vollem Umfang und nicht nur teilweise in Höhe der Beteiligungsquote des investierenden Gesellschafters zugute.