Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 6.12.2017 – IX R 7/17 die Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz (FG) vom 7.9.2016 – 1 K 1725/14 zurückgewiesen und entschieden: Auf der Ebene des veräußernden Gesellschafters stellt der entgeltliche Erwerb eigener Anteile durch die GmbH ein Veräußerungsgeschäft i.S. des § 17 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) dar. Die rein gesellschaftsintern wirkende Umgliederung einer freien Gewinnrücklage in eine zweckgebundene Rücklage führt nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten auf den Geschäftsanteil des veräußernden Gesellschafters.
Die Klägerin veräußerte in 2011 die in ihrem Privatvermögen befindlichen Anteile an der Z-GmbH. An der GmbH (Stammkapital 50.000 DM) waren die Klägerin und M zu je 50 % beteiligt. Im März 1999 trat M ihren Geschäftsanteil gegen Zahlung der eingezahlten Stammeinlage (12.500 DM) an die Klägerin ab. Nach der Euroumstellung betrug das Stammkapital 25.000 €; daraus resultierte eine Kapitalrücklage von 564,59 €.
Im Juni 2010 gliederte die GmbH den Betrag in Höhe von 101.589,40 € aus der freien (Gewinn-)Rücklage in eine zweckgebundene Rücklage zum Erwerb eigener Anteile durch die GmbH um. Im Februar 2011 veräußerte die Klägerin ihre beiden Geschäftsanteile zum einen an D und zum anderen an die GmbH zum Kaufpreis von jeweils 96.000 €. Die Klägerin erklärte einen Veräußerungsgewinn von 99.861€ nach Abzug von Anschaffungskosten (Stammkapital, Kapitalrücklage).
Nachdem das Finanzamt erklärungsgemäß veranlagt hatte, legte die Klägerin Einspruch ein mit der Begründung, der Gewinn aus dem Erwerb eigener Anteile unterliege nicht der Besteuerung, da dies kein Anschaffungsvorgang, sondern eine Kapitalherabsetzung sei. Die veränderte Behandlung eigener Anteile (§ 272 Abs. 1a Handelsgesetzbuch – HGB) durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) wirke aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips auf die steuerliche Gewinnermittlung ein. Die Rücklage zur Finanzierung des Erwerbs eigener Anteile sei daher wie Eigenkapital zu behandeln. Sie sei in Höhe von 96.000 € als Anschaffungskosten vom Veräußerungserlös abzuziehen (= Veräußerungsgewinn in Höhe von 42.261 €).
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das FG führte aus, die Veräußerung des Geschäftsanteils an die GmbH (Erwerb eigener Anteile) sei unbeschadet der Einfügung des § 272 Abs. 1a und 1b HGB durch das BilMoG eine Veräußerung i.S. des § 17 Abs. 1 EStG. Der BFH wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück und bestätigte die Entscheidung des FG in allen Punkten.
Die auf der Ebene der Gesellschaft anknüpfenden handelsrechtlichen Änderungen durch das BilMoG beinhalten keine Neuregelung hinsichtlich der hier allein in Rede stehenden Gesellschafterebene. Ob der Erwerb eigener Anteile auf der Gesellschaftsebene dadurch steuerrechtlich nicht mehr als Erwerbsvorgang anzusehen, sondern „wie“ eine Kapitalherabsetzung zu behandeln ist, blieb im Streitfall offen.
Der anteilige Gewinnvortrag, der Jahresüberschuss oder der thesaurierte Gewinn gehören nicht zu den nachträglichen Anschaffungskosten und mindern daher den Veräußerungsgewinn nicht. Vielmehr decken die ursprünglichen Anschaffungskosten des Gesellschafters sein Mitgliedschaftsrecht ab. Ebenso wenig mindert die zum Erwerb eigener Anteile gebildete zweckgebundene Rücklage den Veräußerungsgewinn. Die gesellschaftsinterne Umgliederung einer Gewinnrücklage in eine zweckgebundene Rücklage führt nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten auf den Geschäftsanteil des veräußernden Gesellschafters, da die Stellung des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft dadurch nicht berührt wird.