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Rente auch ohne Hofabgabe

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschlüsse vom 23. Mai 2018 - 1 BvR 97/14, 1 BvR 2392/14)

erklärt die Vorschriften über die Pflicht zur Abgabe landwirtschaftlicher Höfe als Voraussetzung eines

Rentenanspruchs für verfassungswidrig.

Die Pflicht zur Hofabgabe als Voraussetzung eines Rentenanspruchs nach dem Gesetz über die

Alterssicherung der Landwirte erweist sich nach Ansicht des BVerfG als Eingriff in die grundrechtlich

geschützte Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG). Das BVerfG hält die bisherige Hofabgabeklausel

zwar nicht von vornherein für untauglich, um die legitimen agrarstrukturellen Ziele (Senkung des

Lebensalters der Betriebsleiter/innen; Funktion der Hofabgabe für den Bodenmarkt im Hinblick auf die

das Angebot übersteigende Nachfrage nach landwirtschaftlichen Flächen und steigender Pachtpreise;

Verbesserung der Betriebsstruktur) zu erreichen. Die Hofabgabe sei jedoch nicht in allen Fällen

zumutbar. Die Grenze der Zumutbarkeit wird nach den Feststellungen im Beschluss aufgrund der

fehlenden Härtefallregelungen überschritten. Als Beispiel eines solchen Härtefalls führt das Gericht zum

einen den Fall an, dass ein landwirtschaftlicher Unternehmer keinen Nachfolger findet. In dem Fall

bliebe ihm nur die Stilllegung seines Hofes. Er würde also weder einen Kaufpreis noch einen Pachtzins

zur Sicherung des Alters erlangen können. Zum anderen liege ein Härtefall dann vor, wenn der

Unternehmer seinen Hof zwar abgeben könnte, mit den so erzielbaren Einkünften seinen Lebensunterhalt

ergänzend zur Rente jedoch nicht finanzieren könnte.

Daneben sieht das BVerfG in den aktuellen Regelungen auch einen Verstoß gegen den

Gleichheitsgrundsatz nach Art. 3 GG, da nicht alle Landwirte gleich von dieser Regelung betroffen

seien. Wenn beispielsweise ein übernehmender Ehegatte von der Beitragspflicht in die landwirtschaftliche

Alterskasse befreit ist, könnte der Hof ohne die Sanktionswirkung der Abgabeklausel weitergeführt

werden. Dadurch werden andere Landwirte ohne Grund schlechter gestellt.

Das Gericht erklärte die Regelung nicht für rückwirkend nichtig. Sie darf aber von Gerichten und

Rentenstellen bei Anträgen, wegen ihrer Unvereinbarkeit mit dem GG, nicht mehr berücksichtigt werden.

Der Gesetzgeber habe aber Möglichkeiten, die Verfassungswidrigkeit durch eine Änderung zu

beheben. Eine Frist dafür setzte das Gericht allerdings nicht.

Hinweis der SVLFG:

Zum Beschluss des BVerfG weist die SVLFG, darauf hin, dass die Alterskasse derzeit keine Renten

bewilligen könne, da Gerichte und SVLFG ihre Entscheidungen bis zu einer Neuregelung durch den

Gesetzgeber nicht auf die beanstandete Vorschrift stützen dürfen. Witwen- und

Erwerbsminderungsrenten sind nicht betroffen. Die SVLFG benötigt eine Grundlage, um Altersrenten

(ggf. vorläufig) bewilligen zu können. Hierzu befindet sie sich mit ihrer Rechtsaufsicht – das ist das

Bundesversicherungsamt (BVA) – in Abstimmung. Bis zur Antwort des BVA bedeutet dies: