Zum Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts sind Verkehrswertgutachten nur dann geeignet, wenn sie von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen erstellt wurden. Zertifizierte Gutachter stehen öffentlich bestellten und vereidigten Gutachtern nicht gleich, auch wenn die Zertifizierungsstelle ihrerseits durch die Deutsche Akkreditierungsstelle zertifiziert ist. So hat das Finanzgericht FG Berlin-Brandenburg (FG) mit Urteil vom 17.1.2018 – 3 K 3178/17 entschieden.
Die Beteiligten streiten bei einer Grundbesitzwertfeststellung um die Frage, ob und ggf. inwieweit der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts erbracht ist, wobei insbesondere eine Rolle spielt, ob der Gutachter geeignet ist.
Im März 2016 übertrug die bisherige Eigentümerin ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück schenkweise an die Kläger zu unterschiedlichen Anteilen. Das Finanzamt berechnete eine Bruttogrundfläche mit 300 m², was zu einem Grundbesitzwert von 440.100 € geführt hätte. Es stellte anheim, ein Verkehrswertgutachten vorzulegen. Im Mai 2017 legten die Kläger das Gutachten des Sachverständigen C. vor, das zu einem Verkehrswert in Höhe von 330.000 € gelangte (gewichtet nach dem Sachwertverfahren zu 332.000 € und dem Ertragswertverfahren zu 327.000 €).
Der Sachverständige war seit 1987 als Architekt bei der Architektenkammer X registriert. Der Y. e.V. verlieh dem Sachverständigen im Juni 2000 ein Zertifikat (FG-A Bl. 135) als Sachverständiger für Wertermittlung und Baukostenplanung nach Teilnahme an der Fachfortbildung „Wertermittlung und Baukostenplanung“ und bestandener Abschlussprüfung.
Die Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH (Beliehene gem. § 1 Abs. 1 AkkStelleGBV) bestätigte mit Akkreditierung aus dem April 2017, dass die Zertifizierungsstelle die Kompetenz nach DIN EN ISO/IEC 17024:2012 besitzt, Zertifizierungen von Personen u. a. in den Bereichen Sachverständige für Immobilienbewertung – Marktwertermittlung für alle Immobilienarten und von Standardimmobilien durchzuführen.
Das Finanzamt bemängelte das Gutachten und wies außerdem darauf hin, dass das Gutachten vor Gericht möglicherweise keinen Bestand haben könnte, weil es sich bei dem Gutachter nicht um einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen handele. Das FG entschied, dass der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts (§ 198 Bewertungsgesetz) dem Kläger nicht gelungen ist, da das Gutachten des Sachverständigen C. mangels dessen persönlicher Qualifikation (kein öffentlich bestellter und vereidigter Gutachter) nicht geeignet ist.
Nur bei öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen hat eine neutrale Stelle deren Kompetenz geprüft, und nur diese machen sich aufgrund ihrer Vereidigung bei vorsätzlich oder fahrlässig falschen Gutachten wegen Meineids oder fahrlässigen Falscheids strafbar. Eine Zertifizierung durch eine private Organisation bürgt nicht in gleicher Weise für die Fachkompetenz, da der Standard einer solchen Organisation für die Gerichte nicht ohne Weiteres überprüfbar ist. Zwar gibt es inzwischen das Institut der Zertifizierung gemäß AkkStelleG und der Verordnung über die Beleihung der Akkreditierungsstelle nach AkkStelleGBV. Danach überprüft und zertifiziert die Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH sog. Konformitätsbewertungsstellen, also andere Institutionen, die dann ihrerseits Sachverständige zertifizieren können, und arbeitet dabei hoheitlich als Beliehene. Die Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH ist demnach zwar Beliehene, aber nur im Umfang ihres Aufgabenbereichs, der jedoch den Bereich Warenverkehr und die Konformität von Produkten zum Zwecke des freien Warenverkehrs in der EU umfasst. Die Revision ist beim BFH unter dem Az.: II R 9/18 anhängig.