Die Durchschnittssatzbesteuerung für die Umsätze einer KG mit Tierzucht- bzw. Tierhaltung kann nicht mit der Begründung versagt werden, dass die Kommanditisten keine Mitunternehmerinitiative entfalten können, weil sie (formell) in keinem Fall den Mehrheitsgesellschafter an einer Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung hindern können, wenn sie nach der Zahl der übertragenen sog. freien Vieheinheiten die wirtschaftliche Grundlage der Gesellschaft wesentlich bestimmen. So die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 13.2.2019 – XI R 24/17.
Klägerin war eine KG mit landwirtschaftlichen Einkünften (§ 51a Bewertungsgesetz – BewG), deren Unternehmensgegenstand die Produktion und Aufzucht von Ferkeln war. Der Komplementär hielt eine Hafteinlage von 9.800 €, die beiden Kommanditisten von jeweils 100 €.
Die drei Gesellschafter hatten der Gesellschaft darüber hinaus 200, 609 bzw. 423 sog. freie Vieheinheiten übertragen.
Seit März 2011 versteuerte die Klägerin die Umsätze nach § 24 Umsatzsteuergesetz (UStG).
Nach einer Außenprüfung war das Finanzamt der Ansicht, dass die Kommanditisten nicht als Mitunternehmer anzusehen seien, da sie nach dem Gesellschaftsvertrag keinerlei Entscheidungskompetenz hätten, und unterwarf die Umsätze der Regelbesteuerung. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) wies die Klage mit Urteil
vom 16.6.2017 – 11 K 98/17 als unbegründet zurück und folgte der Auffassung des Finanzamtes.
Der BFH hob das angefochtene Urteil auf, verwies die Sache aber an das FG zurück, um festzustellen, ob die weiteren Voraussetzungen für die Anwendung der Durchschnittssatzbesteuerung vorliegen, insbesondere, ob die Tierbestände der Klägerin zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören.
Als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb gelten nach § 24 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 UStG u. a. Tierzucht- und Tierhaltungsbetriebe, soweit ihre Tierbestände nach den §§ 51 und 51a BewG zur landwirtschaftlichen Nutzung gehören. Bei Gesellschaften ist Voraussetzung, dass die
Gesellschafter als (Mit-)Unternehmer anzusehen sind. Der Begriff „Gesellschaft“ ist dabei in ertragsteuerlichem Sinne zu verstehen, d. h. es ist notwendig, dass die Gesellschafter Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative tragen. Mitunternehmerrisiko bedeutet
gesellschaftsrechtliche Teilnahme am Erfolg und Misserfolg eines gewerblichen Unternehmens, also Beteiligung an Gewinn und Verlust sowie an den stillen Reserven.
Mitunternehmerinitiative bedeutet Teilnahme an unternehmerischen Entscheidungen. Beide Merkmale lagen nach Auffassung des FG im Streitfall vor.
Nach den Bestimmungen des Handelsgesetzbuches (HGB) ist der Kommanditist einerseits am laufenden Gewinn und bei seinem Ausscheiden bzw. der Liquidation an den stillen Reserven
andererseits am Verlust beteiligt (§ 167 Abs. 3 HGB). Als Initiativrechte des Kommanditisten sieht das HGB insbesondere Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte vor.
Auch ein Kommanditist, dessen Widerspruchsrecht nach § 164 HGB ausgeschlossen ist, kann grundsätzlich noch Mitunternehmer sein, ohne dass sein Mitunternehmerrisiko über das typische Risiko eines Kommanditisten hinaus erhöht sein müsste. Das Widerspruchsrecht nach § 164 HGB ist vorliegend nicht durch den Gesellschaftsvertrag abbedungen. Da der Komplementär in der Gesellschafterversammlung ein beherrschendes Stimmengewicht hat, bleibt ein
Widerspruch des Kommanditisten (möglicherweise) folgenlos. Dies bedeutet aber nicht, dass das Widerspruchsrecht nach § 164 HGB ausgeschlossen wäre. Dies allein rechtfertigt es nicht, die Rechtsstellung der Kommanditisten im Streitfall als eingeschränkt zu behandeln.