Eine Rücklage nach § 6b Einkommensteuergesetz (EStG) darf vor der Anschaffung oder Herstellung eines Reinvestitionswirt schaftsguts nicht auf einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen übertragen werden. Ein Veräußerungsgewinn, der in eine § 6b-Rücklage eingestellt worden ist, kann in einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen erst in dem Zeitpunkt
überführt werden, in dem der Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Reinvestitionswirtschaftsguts des anderen Betriebs vorgenommen wird – so die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) in seinem Urteil vom 22.11.2018 – VI R 50/16, das die Auffassung der
Finanzverwaltung in R 6b.2 Abs. 8 Satz 3 EStR bestätigt.
Im Streitfall übertrugen die Eltern des Klägers am 30.12.2006 ihren landwirtschaftlichen Betrieb unentgeltlich auf den Sohn. Bereits 2003 hatten die Eltern eine KG gegründet, an der sie jeweils zu 50 % beteiligt waren. Die GmbH war nicht am Gesellschaftskapital beteiligt.
Am 1.12.2005 übertrugen die Eltern des Klägers 90 % ihrer Kommandit-Anteile zu gleichen Teilen unentgeltlich auf ihre drei Kinder.
In der Sonderbilanz der KG war zum 31.12.2006 eine Rücklage nach §6b EStG ausgewiesen. Zugrunde lag die Übertragung des landwirtschaftlichen Betriebs in das Sonderbetriebsvermögen der KG.
Nach einer Außenprüfung erkannte das Finanzamt die Übertragung der § 6b-Rücklage in der Sonderbilanz der KG nicht an. Die Übertragung einer § 6b-Rücklage von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen sei nicht möglich. Die Rücklage könne nur auf ein anderes, in einem (Sonder-)Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen gehaltenes Wirtschaftsgut übertragen werden. Die Übertragung auf das Ersatzwirtschaftsgut „Mehrfamilienhaus“ sei nicht möglich gewesen, da vor dessen Fertigstellung das Einzelunternehmen übertragen wurde.
Der BFH hat die Auffassung des Finanzamts bestätigt. Ein Veräußerungsgewinn, der in eine Rücklage nach § 6b EStG eingestellt worden ist, kann in einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen erst in dem Zeitpunkt überführt werden, in dem der Abzug von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Reinvestitionswirtschaftsguts des anderen Betriebs
vorgenommen wird.
Die Rücklage nach § 6b EStG ist kein Wirtschaftsgut. Sie kann folglich nicht nach § 6 Abs. 5 Satz 1 EStG übertragen werden. § 6b EStG erlaubt allerdings wegen der gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise grundsätzlich den Abzug eines dem Steuerpflichtigen zuzurechnenden Veräußerungsgewinns nicht nur betriebsbezogen, sondern auch von Anschaffungs- und
Herstellungskosten bestimmter anderer Wirtschaftsgüter eines Einzel- oder Sonderbetriebsvermögens des Steuerpflichtigen sowie in Höhe des auf den Steuerpflichtigen entfallenden ideellen Anteils von Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens einer (anderen) Personengesellschaft, an der der Steuerpflichtige (ebenfalls) als Mitunternehmer beteiligt ist. Die Eltern des Klägers waren daher grundsätzlich befugt, die in ihrem landwirtschaftlichen Betrieb gebildete Rücklage von den Anschaffungs- und Herstellungskosten anderer Wirtschaftsgüter in ihrem Sonderbetriebsvermögen bei der KG abzuziehen.
Dem Abzug stand im Streitfall aber entgegen, dass sich zum Bilanzstichtag im Sonderbetriebsvermögen der KG kein (Reinvestitions-)Wirtschaftsgut befand. Nach der BFH-Rechtsprechung darf die Rücklage nach § 6b EStG nur in dem Betrieb gebildet und aufgelöst werden, in dem der fragliche Gewinn realisiert wurde. Dies gilt auch dann, wenn die Rücklage auf
Wirtschaftsgüter eines anderen Betriebs des Steuerpflichtigen übertragen werden soll.