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Aktueller Stand zur Grundsteuerreform

Mit den Urteil vom 10. April 2018 – 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11 und 1 BvR 889/12 hat das Bundesverfassungsgericht die Bewertung, soweit sie bebaute Grundstücke außerhalb des Bereichs der Land- und Forstwirtschaft und außerhalb des in Artikel 3 des

Einigungsvertrags genannten Gebiets betreffen, jedenfalls seit dem 1. Januar 2002 für unvereinbar mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes erklärt. Dem Gesetzgeber hat das Bundesverfassungsgericht eine Frist zur Neuregelung spätestens bis zum 31.12.2019 gesetzt. Bis zu diesem Zeitpunkt dürfen die als unvereinbar mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes festgestellten Regeln über die Einheitsbewertung weiter angewandt werden. Nach Verkündung einer Neuregelung dürfen die beanstandeten Regelungen für weitere fünf Jahre ab der Verkündung, längstens aber bis zum 31. Dezember 2024 angewandt werden.

Nach monatelangen Diskussionen hat das Bundeskabinett am 21.06. 2019 die Grundsteuerreform beschlossen und mit Datum vom 25.06.2019 einen Gesetzesentwurf (BT-Drs. 19/11085) auf den Weg gebracht. Bei der Umsetzung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts soll unter Wahrung der dem Bund derzeit nach dem Grundgesetz zustehenden Gesetzgebungskompetenz an das bestehende Bewertungs- und Grundsteuersystem angeknüpft werden. Der Gesetzentwurf zielt daher auf eine verfassungskonforme, rechtssichere und zeitgemäße Fortentwicklung der Grundsteuer und der damit verbundenen Bewertung der Grundsteuerobjekte, um die Grundsteuer als verlässliche Einnahmequelle

der Kommunen zu erhalten. Da die Gesetzgebungskompetenz des Bundes in der Wissenschaft nicht einheitlich beurteilt wird, soll diese unzweifelhaft abgesichert werden. Dazu erhält der Bund mit der zeitgleich eingebrachten Grundgesetzänderung uneingeschränkt die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zur Regelung der Grundsteuer. Zeitgleich wird den Ländern über eine Ergänzung in Artikel 72 Absatz 3 GG eine umfassende abweichende Regelungskompetenz eröffnet.

Nicht beabsichtigt ist eine strukturelle Erhöhung des Grundsteueraufkommens. An die Gemeinden wird daher appelliert, die aus der Neubewertung des Grundbesitzes resultierenden Belastungsverschiebungen durch eine gegebenenfalls erforderliche Anpassung des Hebesatzes auszugleichen, um ein konstantes Grundsteueraufkommen zu sichern.

Die Besteuerung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe erfolgt künftig durch eine standardisierte Bewertung der Flächen und der Hofstellen mittels einer weitgehenden Automation des Bewertungs- und

Besteuerungsverfahrens. Dies führt zugleich zu einer erheblichen Vereinfachung der Bewertungssystematik, da auf einzelbetriebliche Differenzierungen und Abgrenzungen des Grund- und Bodens weitgehend verzichtet werden kann. Die Bewertung der einzelnen land- und forstwirtschaftlichen Nutzungen (Sollertrag des Grund- und Bodens sowie der stehenden und umlaufenden Betriebsmittel) und der Hofstelle einer wirtschaftlichen Einheit erfolgt dabei auf Basis eines typisierenden durchschnittlichen Ertragswertverfahrens. Die unterschiedlichen land- und forstwirtschaftlichen Nutzungsformen (landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich, weinbaulich, gärtnerisch) werden Bewertungsfaktoren zugeordnet, die den durchschnittlichen Ertrag je Flächeneinheit widerspiegeln. Die jeweilige Grundstücksfläche der jeweiligen Nutzung wird mit dem Bewertungsfaktor multipliziert, sodass sich der Reinertrag der individuell genutzten land- und forstwirtschaftlichen Fläche ergibt. Die Summe aus allen Reinerträgen der jeweiligen Nutzungen wird anschließend kapitalisiert und ergibt den Grundsteuerwert. Gebäude oder

Gebäudeteile, die innerhalb land- und forstwirtschaftlich genutzter Hofstellen Wohnzwecken oder anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen, werden dem Grundvermögen zugerechnet.

Im Bereich der Wohngebäude des Betriebsinhabers wird damit die Rechtslage der neuen Länder bundeseinheitlich eingeführt und es erfolgt eine bundesweite Gleichbehandlung aller Land- und Forstwirte.

Die Verfahren zur Bewertung des Grundvermögens werden in Anlehnung an die anerkannten Vorschriften zur Verkehrswertermittlung von Grundstücken auf der Grundlage des Baugesetzbuchs modernisiert. Der Wert für ein unbebautes Grundstück wird ausgehend von der jeweiligen

Grundstücksfläche als physischem Bewertungskriterium und dem durchschnittlichen Lagewert für den Grund und Boden, dem Bodenrichtwert, ermittelt. Die Bodenrichtwerte werden durch unabhängige

Gutachterausschüsse abgeleitet. Der sich unter Anwendung der Bodenrichtwerte auf das jeweilige Grundstück ergebende Grundsteuerwert spiegelt typisierend den objektiviert-realen Wert für das Grundstück lageabhängig und relationsgerecht wider.

Die Bewertung bebauter Grundstücke wird entsprechend den Preisbildungsmechanismen am Grundstücksmarkt durch die Art und den Umfang der Bebauung bestimmt. Aus diesem Grund wird bei der Bewertung des Grundvermögens – wie bisher – zunächst eine Einteilung der unterschiedlichen Grundstücksarten vorgenommen. Als vorrangige Bewertungsmethode kommt für Zwecke der Grundsteuer als Sollertragsteuer ein typisiertes vereinfachtes Ertragswertverfahren zur Anwendung. Nur wenn die Anwendung dieses Ertragswertverfahrens nicht in Betracht kommt, erfolgt eine Bewertung anhand eines vereinfachten Sachwertverfahrens als Auffangverfahren.

Der Ertragswertmethodik liegt der Gedanke zugrunde, dass sich der objektiviert-reale Wert eines Grundstücks – ähnlich wie beim land- und forstwirtschaftlichen Vermögen - aus seinem nachhaltig

erzielbaren Reinertrag ermitteln lässt. Im Ertragswertverfahren ist der auf den Bewertungsstichtag bezogene Barwert (Gegenwartswert) aller zukünftigen Erträge zu ermitteln. Hierbei ist zu beachten, dass

die Lebensdauer (Nutzungsdauer) eines Gebäudes – im Gegensatz zum Grund und Boden – begrenzt ist. Während die Erträge oder Ertragsanteile für ein Gebäude nur für die am Bewertungsstichtag verbleibende und begrenzte Nutzungsdauer (Restnutzungsdauer) des Gebäudes kapitalisiert werden können, sind die dem Grund und Boden zuzurechnenden Erträge bzw. Ertragsanteile für eine unbegrenzte Nutzungsdauer als „ewige Rente“ zu kapitalisieren. Der Wert des Grund- und Bodens ist grundsätzlich eine stete Größe, die nur allgemeinen Wertschwankungen unterworfen ist. Im typisierten vereinfachten Ertragswertverfahren für Zwecke der Grundsteuer wird diesen Grundsätzen Rechnung getragen, indem der Ertragswert am Bewertungsstichtag aus dem

· über die Restnutzungsdauer des Gebäudes kapitalisierten jährlichen Reinertrag des Grundstücks (Erträge aus Grund und Boden sowie Gebäude) zuzüglich des

· über die Restnutzungsdauer des Gebäudes abgezinsten Bodenwerts

ermittelt wird. Diesem Vorgehen liegt der Gedanke zugrunde, dass in den Mieten eine Abgeltung des Werts des Grund- und Bodens für den Zeitraum der typisierend angenommenen Restnutzungsdauer bereits enthalten ist und nach Ablauf der Restnutzungsdauer des Gebäudes der Wert des Grund- und Bodens verbleibt. Der jährliche Reinertrag des Grundstücks wird daher in Abhängigkeit der Restnutzungsdauer des Gebäudes kapitalisiert und der heutige Wert des Grund- und Bodens in Abhängigkeit der Restnutzungsdauer des Gebäudes auf den Bewertungsstichtag abgezinst.

Für Ein- und Zweifamilienhäuser, Mietwohngrundstücke und Wohnungseigentum wird ein vorgegebener durchschnittlicher Sollertrag in Form einer Nettokaltmiete je Quadratmeter in Abhängigkeit der Lage des

Grundstücks typisierend angenommen. Dieses Vorgehen soll in den meisten Fällen eine weitestgehend automatisierte Feststellung von Grundsteuerwerten sowie zukünftig bei gleichbleibenden tatsächlichen

Verhältnissen eine vorausgefüllte Steuererklärung ermöglichen. Den unterschiedlichen Ausprägungen einzelner Grundstücksarten wird insbesondere durch spezifische Bewirtschaftungskosten und

Liegenschaftszinssätze folgerichtig Rechnung getragen.

Das Sachwertverfahren dient für Nichtwohngrundstücke als Auffangverfahren, da sich für diese nach den vorhandenen statistischen Quellen derzeit keine für die gesamte Nutzung durchschnittlichen

Nettokaltmieten ermitteln lassen. Beim Sachwertverfahren erfolgt die Wertermittlung für den Grund und Boden sowie der Gebäude gesondert. Die Summe aus Bodenwert und Gebäudewert bildet den vorläufigen Sachwert, der mittels einer Wertzahl (Marktanpassungsfaktor) an die objektiv-realen Marktbedingungen angepasst wird.

Schließlich wird dem Vereinfachungsgedanken auch bei den Sonderfällen von erbbaurechtsbelasteten Grundstücken und Gebäuden auf fremden Grund und Boden unter Berücksichtigung der einschlägigen

Wertermittlungsmethode Rechnung getragen. Um die rechtlichen Vorgaben des Gerichts fristgerecht umzusetzen, sieht der Gesetzentwurf als ersten

Hauptfeststellungszeitpunkt, auf den Grundsteuerwerte nach den neuen Bewertungsregeln ermittelt werden sollen, den 1. Januar 2022 vor.