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Ermittlung des Veräußerungsgewinns

Bei der Ermittlung eines Veräußerungsgewinns im Rahmen der Einkünfte aus privatem Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) ist als fiktive Anschaffungskosten der Teilwert gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG im Zeitpunkt der durch Abwahl der Nutzungswertbesteuerung ausgelösten Entnahme nach § 13 Abs. 4 EStG zugrunde zu legen und nicht der Buchwert. Diese Entscheidung hat das Finanzgericht Niedersachsen (FG) getroffen (Urteil vom 20.2.2019 – 9 K 139/16). Mit seiner Entscheidung stellt sich das FG gegen die Meinung des Bundesfinanzministeriums (BMF) – BMF-Schreiben vom 5.10.2000 – VV DEU BMF 2000-10-05 IV C 3-S 2256-263/00 i.d.F. vom 7.2.2007 – IV C 3-S 2256 – 11/07.

Streitig ist die Höhe eines Gewinns nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG aus der Veräußerung einer Altenteilerwohnung.

Der Kläger ist Landwirt und erzielte im Streitjahr Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft sowie aus Gewerbebetrieb und aus Beteiligungen. Die Klägerin erzielte im Streitjahr gewerbliche Einkünfte.

Auf der zum land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögen gehörenden alten Hofstelle des Klägers befanden sich unter anderem 2 Wohnungen; eine Betriebsleiterwohnung, die von den Klägern zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde, sowie eine Altenteilerwohnung, für die die

Nutzungswertbesteuerung gemäß § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG über den 31. Dezember 1998 hinaus fortgesetzt worden war. Bei dem Gebäude handelt es sich um ein Baudenkmal. Zum 31. Dezember 2007 wählte der Kläger die Nutzungswertbesteuerung ab, wodurch die Wohnungen steuerfrei ins

Privatvermögen überführt wurden. Im Februar 2009 veräußerte der Kläger die gesamte Hofstelle, einschließlich des steuerfrei entnommenen Wohnhauses und des Hausgartens. Im Verfahren ging es nun um die Frage, wie der Veräußerungsgewinn des innerhalb von zehn Jahren nach der Entnahme veräußerten Hausgartens zu ermitteln war.

Nach Ansicht des Finanzamtes lag für die Betriebsleiterwohnung mit dazugehörigem Grund und Boden kein steuerpflichtiges Veräußerungsgeschäft vor, da die Entnahme unter die

Ausnahmeregelung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG falle. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 EStG gilt die Überführung eines Wirtschaftsguts in das Privatvermögen des Steuerpflichtigen durch Entnahme als Anschaffung. Ausgenommen davon sind nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 EStG selbstgenutzte

Wohnungen.

Die Kläger sind der Auffassung, dass bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns für die Altenteilerwohnung und den dazugehörigen Grund und Boden anstelle des Buchwertes der Teilwert zu berücksichtigen sei. Wenn bei einem nach der Entnahme stattfindenden Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 EStG nicht der Entnahmewert, sondern der Buchwert im Zeitpunkt der Entnahme als Anschaffungskosten anzusetzen sei, würde § 13 Abs. 4 Satz 4 EStG, welcher die

steuerfreie Entnahme aus dem Betriebsvermögen regele, konterkariert, d. h. der steuerfreie Entnahmegewinn würde sich in einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn gemäß § 23 EStG verwandeln. Diesem stehe entgegen, dass eine Veräußerung vor Abwahl der Nutzungswertbesteuerung aus dem Betriebsvermögen heraus ebenfalls gemäß § 13 Abs. 4 Satz 6 Nr. 1 EStG steuerfrei gewesen wäre. Nur die Wertsteigerung, die nach dem Entnahmezeitpunkt entstanden sei, werde von § 23 EStG erfasst.

Dieser Meinung folgt auch das FG. Neben dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes spricht nach Auffassung des FG auch die Systematik des Einkommensteuerrechts gegen den Ansatz des Buchwertes für die zuvor gemäß § 13 Abs. 4 EStG steuerfrei aus dem Betriebsvermögen entnommenen Wirtschaftsgüter im Rahmen der Ermittlung eines Veräußerungsgewinns nach § 23 Abs. 3 Satz 3, Abs. 1 Satz 2 EStG.

Gegen die Entscheidung wurde Revision eingelegt. Das Aktenzeichen beim Bundesfinanzhof lautet: IX R 12/19.