Der Bundesfinanzhof (BFH) – VI. Senat – entschied mit Urteil vom 8.5.2019 – VI R 26/17, dass bei den Einkünften aus Land- und Fortwirtschaft die Bestellung eines Nießbrauchs zur Folge hat, dass zwei Betriebe entstehen, nämlich ein ruhender Betrieb in der Hand des nunmehrigen Eigentümers (des Nießbrauchsverpflichteten) und ein wirtschaftender Betrieb in der Hand des Nießbrauchsberechtigten und bisherigen Eigentümers (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung). Die Rechtsprechung zur unentgeltlichen Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs unter Nießbrauchsvorbehalt gilt auch für die Übertragung eines
Verpachtungsbetriebs. Zahlungen für die Entlassung des Grundbesitzes aus der Pfandhaft eines zum Betriebsvermögen gehörenden Nießbrauchsrechts sind betrieblich veranlasst und erhöhen ihrerseits das Betriebsvermögen.
Im Streitfall hatte der Ehemann (E) der Klägerin seinen landwirtschaftlichen Betrieb, dessen Betriebsgrundstücke verpachtet waren, auf seinen Sohn übertragen und sich auf Lebensdauer
ein unentgeltliches Nießbrauchsrecht an dem Grundbesitz vorbehalten. Nach seinem Tod ging dieses auf seine Ehefrau (Klägerin) über. Im Jahr 2008 veräußerte der Sohn die Hofstelle und einen Teil des Grund und Bodens. Die Klägerin entließ den Erwerber gegen Zahlung eines Geldbetrags aus der Pfandhaft für ihr Nießbrauchsrecht. Sie ging dabei von der steuerfreien Veräußerung von Privatvermögen aus. Das Finanzamt rechnete die Zahlung zur Ablösung des Nießbrauchs dagegen zu den Einkünften aus LuF.
Das Finanzgericht wies die Klage zurück, der BFH hielt die Revision für unbegründet. Die unentgeltliche Übertragung des ruhen den Verpachtungsbetriebs auf den Sohn unter Vorbehalt des Nießbrauchs führte bei E nicht zu einer Betriebsaufgabe. Wird ein land- und
forstwirtschaftlicher Betrieb unentgeltlich (im Wege der vorweggenommenen Erbfolge) übertragen, so liegt weder eine Entnahme noch eine Betriebsaufgabe vor. Der Betrieb wird vielmehr steuerrechtlich unverändert durch den Rechtsnachfolger fortgeführt. Der
Rechtsnachfolger ist an die Buchwerte des Rechtsvorgängers gebunden (§ 6 Abs. 3 Satz 1 Einkommensteuergesetz – EStG). Auch ein ruhender, verpachteter und noch nicht aufgegebener Betrieb kann Übertragungsgegenstand i.S. des § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG sein. Bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft hat die Bestellung eines Nießbrauchs nach ständiger Rechtsprechung des BFH zur Folge, dass zwei Betriebe entstehen, nämlich ein ruhender Betrieb in der Hand des nunmehrigen Eigentümers (des Nießbrauchsverpflichteten) und ein
wirtschaftender Betrieb in der Hand des Nießbrauchsberechtigten und bisherigen Eigentümers.
An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.
Der Steuerpflichtige hat nach ständiger Rechtsprechung im Fall der Verpachtung seines Betriebs ein Wahlrecht, ob er den Vorgang als Betriebsaufgabe behandeln und damit die Wirtschaftsgüter seines Betriebs unter Auflösung der stillen Reserven in sein Privatvermögen
überführen oder das Betriebsvermögen während der Verpachtung fortführen und daraus betriebliche Einkünfte erzielen will. Diese Grundsätze der Betriebsverpachtung sind auch bei
unter Vorbehalt des Nießbrauchs übertragenen ruhenden Verpachtungsbetrieben anwendbar.
Entsprechend hat der BFH anerkannt, dass die Hofübergabe unter Vorbehaltsnießbrauch und gleichzeitiger Verpachtung des Betriebs an den Hofnachfolger (sog. Rheinische Hofübergabe) den Betriebsverpachtungsgrundsätzen unterliegt. Für die Verpachtung des Betriebs an Dritte gilt nichts anderes. Bemerkenswert ist, dass der Senat zu dem Urteil des X. Senats vom 25.1.2017 –
X R 59/14, der in der Übertragung eines Gewerbebetriebs unter Nießbrauchsvorbehalt eine gewinnrealisierende Betriebsaufgabe erblickte, erhebliche Bedenken zu erkennen gab.