Direkt zum Inhalt

Einschränkung der Umsatzsteuerpauschalierung für Land- und Forstwirte ab 2022

Seit mehr als zwei Jahren drängt die EU Deutschland dazu, die gesetzliche Pauschalierungsregel für die Umsatzbesteuerung von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben mit dem EU-Recht in Einklang zu bringen. Mit dem Jahressteuergesetz 2020 wurde das Gesetz angepasst und eine Umsatzobergrenze eingeführt. Danach dürfen künftig nur noch Unternehmen bis zu 600.000 € Jahresumsatz von der Möglichkeit der Umsatzsteuerpauschalierung für ihre landwirtschaftlichen Umsätze Gebrauch machen.
Erstmalig anzuwenden sind die neuen Regelungen auf Umsätze nach dem 31.12.2021. Für die erstmalige Anwendung in 2022 sind jedoch die Umsätze des Jahres 2021 ausschlaggebend, da immer der Vorjahresumsatz herangezogen werden soll.

Seit langem kritisiert die EU, dass Deutschland allen land- und forstwirtschaftlichen Betrieben eine Umsatzsteuerpauschalierung ermöglicht. Dabei sei die Pauschalierung nach den EU-Vorschriften nur für Unternehmen zulässig, bei denen die Anwendung der normalen Umsatzsteuerregelung einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand zur Folge hätte. Die nicht vorhandene Differenzierung im deutschen Recht führe zu Wettbewerbsverzerrungen auf dem EU-Binnenmarkt. Um den Druck zu erhöhen, hatte die EU-Kommission im Februar Klage beim Europäischen Gerichtshof gegen Deutschland eingereicht. Tatsächlich nutzen mehr als zwei Drittel aller landwirtschaftlicher Betriebe in Deutschland die Pauschalierung. Sie verkaufen ihre Waren nicht mit der üblichen Umsatzsteuer, sondern erhalten auf den Nettopreis einen speziellen Durchschnittssteuersatz: 10,7 Prozent für landwirtschaftliche und 5,5 Prozent für forstwirtschaftliche Erzeugnisse. Die eingenommene Umsatzsteuer führen sie nicht an das Finanzamt ab, bekommen aber auch die auf Vorleistungen, Investitionen und andere Ausgaben gezahlte Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer erstattet.

Mit der neuen Obergrenze reagiert Deutschland auf die Kritik, dass auch Großbetriebe die Pauschalierung nutzen. Zu beachten ist, dass die 600.000 €-Grenze eine Nettogrenze ist, die nicht nur auf die eigentlichen Umsätze des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes abstellt. Nach dem Gesetz sind alle steuerbaren Umsätze des Unternehmers zu berücksichtigen. Damit sind auch alle außerlandwirtschaftlichen Einnahmen, beispielsweise aus Energieerzeugung, Fremdenbeherbergung, Gewerbebetrieben, aber auch aus der privaten Vermietung von Gewerbeimmobilien, desselben Unternehmers zu berücksichtigen.

Von den Einnahmen sind die nicht steuerbaren Umsätze abzuziehen. Das sind z.B. die Betriebsprämien, Zuschüsse oder auch Versicherungsentschädigungen. Auch die umsatzsteuerfreien Einnahmen aus der Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und Wohnungen bleiben unberücksichtigt. Da die Umsatzsteuer eine Jahressteuer ist, ist der Jahresumsatz unabhängig vom abweichenden Wirtschaftsjahr des Betriebes zu ermitteln. Daher sind die Umsätze für das für die Umsatzhöhe maßgebliche Jahr 2021 stichtagsgenau abzugrenzen. Droht der Verlust der Pauschalierung, gibt es Möglichkeiten, Umsätze zeitlich zu verlagern, wie z.B. den Verkauf einer gebrauchten Maschine. Auch Erntelieferungen können ggf. durch Einlagerungsverträge zeitlich verschoben werden.

Möglichkeiten, die Umsatzsteuerpauschalierung zu erhalten ergeben sich auch durch weitere Gestaltungsüberlegungen, wie Betriebsteilungen und Vermögensübertragungen auf Angehörige. Allerdings ist darauf zu achten, dass kein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten vorliegt. D.h. die Gestaltung darf nicht ausschließlich dem Zweck dienen, die zukünftig geltende 600.000 €-Grenze zu unterschreiten. Es müssen auch andere, wesentliche außersteuerliche Gründe für die Gestaltung sprechen. Bei derartigen Gestaltungen sind aber immer auch weitere Konsequenzen bei der Schenkungsteuer, der Einkommensteuer, der Kfz-Steuer, der Sozialversicherung, auf Fördermaßnahmen
und ggf. die EEG-Umlage zu beachten. Sprechen sie bei Bedarf ihren Berater an.