Ortsverschieden belegene Photovoltaikanlagen als Teilbetriebe?
Ob Photovoltaikanlagen, die ein Steuerpflichtiger auf mehreren --nicht benachbarten-- Grundstücken betreibt, ertragsteuerrechtlich als unselbständige Betriebsteile eines einheitlichen Gewerbebetriebs oder aber als begünstigt nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 und Abs. 4 EStG veräußerbare Teilbetriebe anzusehen sind, ist nach den hierfür geltenden herkömmlichen Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu beurteilen.
Der Kläger erzielte aus dem Betrieb von zunächst acht Photovoltaikanlagen Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Drei der Photovoltaikanlagen sind auf dem Dach eines im Eigentum des Klägers stehenden Mietwohngrundstücks installiert und wurden im Dezember 2004 in Betrieb genommen. Die weiteren fünf --seit den Jahren 2005, 2008 bzw. 2011 betrieblich genutzten-- Anlagen befinden sich auf dem Dach der etwa vier Kilometer von den Mietwohngrundstücken entfernten Hofstelle des Klägers.
Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) verfügen die Photovoltaikanlagen über eigenständige Wechselrichter und Einspeisevorrichtungen. Abnehmer der erzeugten elektrischen Energie ist für alle Anlagen dasselbe Energieversorgungsunternehmen; es bestehen allerdings jeweils gesonderte Stromlieferverträge. Die Anlagen werden getrennt gewartet und sind separat versichert. Die Anschaffungskosten wurden je für sich finanziert. Der Kläger erstellte einheitliche Gewinnermittlungen, verbuchte die Einnahmen aus den Anlagen aber auf getrennten Erlöskonten.
Im Juli des Streitjahres veräußerte der Kläger die auf dem Dach des Mietwohngrundstücks befindlichen Photovoltaikanlagen an seinen Sohn. Für den hieraus resultierende Gewinn beantragte der Kläger den Freibetrag gemäß § 16 Abs. 4 S. 1 EStG. Zudem ging er davon aus, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Photovoltaikanlagen nicht als Gewerbeertrag i.S. von § 7 S. 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliege. Beides begründete er damit, dass es sich bei den auf dem Dach des Mietwohngrundstücks installierten Photovoltaikanlagen um einen eigenständigen Teilbetrieb gehandelt habe, der neben demjenigen auf der Hofstelle existiert habe.
Das Finanzamt (FA) sah die Betätigungen des Klägers dagegen als einheitlichen gewerblichen Betrieb an und qualifizierte den aus der Veräußerung erzielten Gewinn daher als laufende --und der Gewerbesteuer unterliegende-- Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Mit der dagegen erhobenen Nichtzulassungsbeschwerde wurde die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, geltend gemacht
Die Beschwerde ist nach Auffassung des BFH unbegründet. Die von den Klägern geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.Für die Beurteilung, ob mehrere gewerbliche Betätigungen eines Steuerpflichtigen jeweils als ertragsteuerrechtlich selbständige Gewerbebetriebe anzusehen sind, zueinander im Verhältnis von Teilbetrieben stehen oder rechtlich unselbständige Betriebsteile eines einheitlichen Gewerbebetriebs sind, hat die höchstrichterliche Rechtsprechung folgende Kriterien entwickelt:
Die Annahme jeweils selbständiger Gewerbebetriebe bei mehreren gewerblichen Tätigkeiten eines Steuerpflichtigen erfordert deren vollkommene Eigenständigkeit. Eine Verbindung darf im Wesentlichen nur in der Person des Steuerpflichtigen bestehen; dieser muss die Betriebe nebeneinander am Wirtschaftsleben teilnehmen lassen.
Maßstab dafür, ob es sich um mehrere rechtlich selbständige Tätigkeiten oder um einen einheitlichen Betrieb (mit mehreren Betriebszweigen) handelt, ist zunächst die Gleich- bzw. Ungleichartigkeit der Betätigungen. In beiden Fällen ist ein sachlicher (wirtschaftlicher, organisatorischer oder finanzieller) Zusammenhang zwischen den Betätigungen erforderlich, um sie als einen einheitlichen Betrieb ansehen zu können; die erforderliche Mindest-Intensität dieses Zusammenhangs ist in den beiden Fallgruppen aber unterschiedlich stark ausgeprägt. Maßgebend ist jeweils das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse des Einzelfalls. Während für gleichartige Betätigungen in der Hand desselben Unternehmers eine --widerlegbare-- Vermutung besteht, dass ein einheitlicher Betrieb anzunehmen ist, sofern ein zumindest gewisser wirtschaftlicher, organisatorischer und finanzieller Zusammenhang besteht, stellt sich bei ungleichartigen Betätigungen das Regel-Ausnahme-Verhältnis gerade umgekehrt dar. Grundsätzlich indiziert die Ungleichartigkeit der Betätigungen ihre ertragsteuerrechtliche Selbständigkeit.
Der steuerrechtliche Teilbetrieb ist ein organisch geschlossener, mit einer gewissen Selbständigkeit ausgestatteter Teil des Gesamtbetriebs, der für sich allein funktions- bzw. lebensfähig ist. Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse. Abgrenzungsmerkmale sind z.B. die räumliche Trennung vom Hauptbetrieb, ein eigener Wirkungskreis, eine gesonderte Buchführung, eigenes Personal, eine eigene Verwaltung, eigenes Anlagevermögen, ungleichartige betriebliche Tätigkeiten, ein eigener Kundenstamm und eine die Eigenständigkeit ermöglichende interne
Organisation. Diese Merkmale brauchen zwar nicht sämtlich vorzuliegen; der Teilbetrieb erfordert allerdings eine gewisse Selbständigkeit gegenüber dem Hauptbetrieb.
Entsprechend dieser Grundsätze hat der BFH bereits entschieden, dass der Verkauf nur einer von insgesamt drei auf benachbarten Grundstücken platzierten Windkraftanlagen nicht als begünstigte Teilbetriebsveräußerung, sondern als Veräußerung eines Wirtschaftsguts aus einem einheitlichen Gewerbebetrieb "Erzeugung von Strom aus Windenergie" zu werten ist. Hierbei hat der BFH u.a. darauf abgestellt, dass der dortige Kläger seine gewerbliche Tätigkeit "im Bereich" der veräußerten Anlage nicht aufgegeben, sondern weiterhin --nunmehr mit zwei anstelle von bislang drei Anlagen-- unverändert ausgeübt hatte.
Der Kläger hat mit allen Photovoltaikanlagen eine gleichartige --sogar identische-- Tätigkeit ausgeübt. Die veräußerte Anlage verfügte weder über einen eigenen Wirkungskreis noch war dieser eigenes Personal zugeordnet. Ebenso fehlten eine separierte Buchführung sowie eine eigene Verwaltungs- und Organisationsstruktur und --was besonders ausschlaggebend sein dürfte-- ein eigener Kundenstamm.
Hinweis: Außerdem weist der BFH noch darauf hin, dass es für das Vorliegen eines Teilbetriebes nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, ausschließlich auf die Verhältnisse beim Veräußerer ankommt. Ein Teilbetrieb muss somit bereits vor der Veräußerung beim Veräußerer existent sein, d.h. dessen Gesamtunternehmen muss mindestens zwei Teilbetriebe umfassen.
Soweit die Rechtsprechung bei Forst(-teil-)betrieben --ausnahmsweise-- auf die Verhältnisse beim Erwerber abstellt, beruht dies auf den Besonderheiten der Einkünfte aus einer forstwirtschaftlichen Betätigung, insbesondere auf der typisierenden Betrachtung, dass die laufende Bewirtschaftung dort von geringerer Bedeutung ist. Zwar dürfte die Einschätzung der Kläger zutreffen, dass auch der Erfolg des Betriebs einer Photovoltaikanlage weitgehend vom Wirken der Naturkräfte (Sonnenenergie) abhängt. Allerdings betätigt sich der Inhaber einer solchen Anlage bereits ab deren Inbetriebnahme nachhaltig zum Zweck der Herstellung des auf dem Markt verwertbaren Produkts "Strom". Handelt es sich --wie vorliegend-- um eine gewerbliche Betätigung außerhalb der Urproduktion der Forstwirtschaft, ist es angezeigt, nur diejenigen Rechtsgrundsätze anzuwenden, die für die jeweilige Einkunftsart gelten.
Inhaltlich zutreffend ist laut BFH der Hinweis der Kläger, dass bei einer nach § 1 Abs. 1a UStG ebenfalls begünstigten --d.h. nicht umsatzsteuerbaren-- Teilvermögensveräußerung die Anforderungen an ein solches Teilvermögen aus Sicht des Erwerbers zu bestimmen sind. Diese vom Ertragsteuerrecht abweichende Beurteilung beruht allerdings auf der Auslegung des in Art. 19 Abs. 1 MwStSystRL enthaltenen Begriffs des "Gesamt- oder Teilvermögens". Nach der insoweit maßgeblichen Rechtsprechung des EuGH wird hiervon ein Geschäftsbetrieb oder selbständiger Unternehmensteil erfasst, mit dem eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit "fortgeführt" werden kann und der Erwerber beabsichtigt, dies auch zu tun. Aus diesem Grund ist umsatzsteuerrechtlich allein die Perspektive des Erwerbers bzw. Übernehmers maßgeblich. Ein Gleichklang zur ertragsteuerlichen Begriffsbestimmung eines Teilbetriebs besteht daher nicht.