Kein Aufteilungsgebot bei Vermietung oder Verpachtung eines Grundstücks mit Betriebsvorrichtungen
Nach einer aktuellen Entscheidung des BFH ist das Aufteilungsgebot des § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG nicht auf die Verpachtung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen anzuwenden, wenn es sich hierbei um eine Nebenleistung zur Verpachtung eines Gebäudes als Hauptleistung handelt.
Im Streitfall verpachtete der Kläger in den Jahren 2010 bis 2014 Stallgebäude zur Putenaufzucht mit auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen. Es handelte sich bei diesen um speziell abgestimmte Ausstattungselemente für die vertragsgemäße Nutzung als Putenaufzuchtstall. Der Kläger ging davon aus, dass seine Leistung bei der Verpachtung der Stallgebäude zur Putenaufzucht insgesamt steuerfrei sei. Es lag hierfür ein einheitliches Entgelt vor, das nach den vertraglichen Regelungen nicht auf die Überlassung des Stalls einerseits und Vorrichtungen und Maschinen andererseits aufgeteilt war. Demgegenüber vertrat das FA die Auffassung, dass das einheitlich vereinbarte Pachtentgelt nach Maßgabe der beim Kläger entstandenen Kosten zu 20 % auf die Vorrichtungen und Maschinen entfalle und insoweit steuerpflichtig sei. Das FA erließ daher entsprechende Änderungsbescheide für die Streitjahre. Der dagegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg. Demgegenüber gab das FG der hiergegen eingelegten Klage statt. Der EuGH wurde zur Vorabentscheidung angerufen und entschied mit Urteil vom 04.05.2023 - C-516/21, dass die Ausnahme von der Steuerbefreiung nach Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c MwStSystRL nicht auf die Verpachtung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen anzuwenden ist, wenn diese eine Nebenleistung zu einer Hauptleistung der Verpachtung eines Gebäudes ist, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen und nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l dieser Richtlinie steuerbefreiten Pachtvertrags erbracht wird, und diese Leistungen eine wirtschaftlich einheitliche Leistung bilden.
Nach der Einholung der Entscheidung des EuGH ändert der BFH seine Rechtsprechung und bestätigte damit im Ergebnis die Klagestattgabe durch das FG. § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG befreit in Übereinstimmung mit Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken. Ausgeschlossen ist hiervon gemäß § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG insbesondere die Vermietung und Verpachtung von Maschinen und sonstigen Vorrichtungen aller Art, die zu einer Betriebsanlage gehören (Betriebsvorrichtungen), auch wenn sie wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind. Unionsrechtlich ergibt sich dies aus Art. 135 Abs. 2 Satz 1 Buchst. c MwStSystRL, der die Vermietung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen von der Steuerfreiheit ausschließt. Zudem ordnet Art. 135 Abs. 2 Satz 2 MwStSystRL an, dass die Mitgliedstaaten Ausnahmen von der Befreiung nach Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL vorsehen können.
Der BFH ist in seiner bisherigen Rechtsprechung davon ausgegangen, dass sich in Bezug auf Betriebsvorrichtungen aus § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG ein Aufteilungsgebot ergibt. Danach ist die Vermietung und Verpachtung von Betriebsvorrichtungen nicht von der USt befreit, selbst wenn diese wesentliche Bestandteile eines Grundstücks sind. Das Aufteilungsgebot lasse auch keine Einbeziehung der Überlassung von Betriebsvorrichtungen in die Steuerbefreiung der Grundstücksvermietung unter dem Gesichtspunkt der unselbstständigen Nebenleistung zu. Dem folgte auch die Finanzverwaltung (Abschn. 4.12.10 Satz 1 UStAE).
Der BFH schließt sich inhaltlich der Entscheidung des EuGH v. 04.05.2023 an. Nach dieser Entscheidung ist unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG in Bezug auf die Vermietung oder Verpachtung von auf Dauer eingebauten Vorrichtungen und Maschinen kein
Aufteilungsgebot zu entnehmen, wenn es sich hierbei um eine Nebenleistung zur Vermietung oder Verpachtung eines Gebäudes als Hauptleistung handelt, die im Rahmen eines zwischen denselben Parteien geschlossenen Vertrags nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfrei ist, sodass eine wirtschaftlich einheitliche Leistung vorliegt. Damit entspricht die Beurteilung bei Betriebsvorrichtungen nunmehr derjenigen bei der Überlassung von Inventar (BFH v. 11.11.2015 - V R 37/14).
Eine hiervon abweichende Auslegung auf der Grundlage von Art. 135 Abs. 2 Satz 2 MwStSystRL lehnt der BFH ab, da der nationale Gesetzgeber diese Ermächtigung nicht ausgeübt habe.
Im Streitfall hat das FG nach Ansicht des BFH unter zutreffender Berücksichtigung der vom EuGH entwickelten Rechtsprechung zu Haupt- und Nebenleistungen entschieden, dass eine einheitliche Leistung vorliegt, bei der die Überlassung der Betriebsvorrichtungen Nebenleistung zur Stallüberlassung war, so dass eine insgesamt nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG steuerfreie Leistung vorliegt. Das hat das FG zutreffend damit begründet, dass es sich bei den Vorrichtungen und Maschinen um speziell abgestimmte Ausstattungselemente handelte, die nur dazu dienten, die vertragsgemäße Nutzung des Putenstalls unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen. Die Vorrichtungen wurden für die Fütterung von Tieren in der Putenhaltung verwendet, um diese unter Einsatz einer Industrieförderspirale in der vorgegebenen Zeit zur Schlachtreife aufzuziehen. Heizungs- und Lüftungsanlagen waren notwendig, um den Anforderungen an das Stallklima gerecht zu werden. Spezielle Beleuchtungssysteme dienten einer gleichmäßigen Ausleuchtung. Bei den weiteren Anlagen zur Fütterung handelte es sich somit um Gegenstände, die für die Nutzung der gepachteten Ställe nützlich oder sogar notwendig waren. Als zutreffend erweist sich damit die Überlegung des Klägers, dass vorrangig das Gebäude den Schutz und die Wärme der Puten zur Mast gewährleistete. Diese Würdigung ist weder widersprüchlich noch verstößt sie gegen Denkgesetze und auch nicht gegen allgemeine Erfahrungssätze. Daher ist vorliegend nicht einer Auffassung im Schrifttum zu folgen, wonach die Gebäudeverpachtung die unselbständige Nebenleistung und die Verpachtung der Betriebsvorrichtungen, die das Schicksal der Leistung insgesamt bestimmende Hauptleistung sein soll.