Direkt zum Inhalt

Wachstumschancengesetz: Verschiebung einiger Regelungen ins Kreditzweitmarktförderungsgesetz

Der Bundesrat hatte am 24.11.2023 dem Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz, BR-Drs. 588/23) die Zustimmung verweigert und stattdessen den Vermittlungsausschuss angerufen. Nachdem der Vermittlungsausschuss nicht mehr rechtzeitig vor der letzten Bundesratssitzung im Jahr 2023 am 15.12.2023 ein Vermittlungsergebnis entwickelt hat, wird das Wachstumschancengesetz nicht mehr in diesem Jahr verabschiedet werden können. 
 

Um Teile des Gesetzes den sich abzeichnenden schwierigen politischen Verhandlungen zu entziehen, hat der Finanzausschuss des Deutschen Bundestages bestimmte Änderungen aus dem Wachstumschancengesetz in den bislang steuerrechtlich unbelasteten Entwurf eines Gesetzes zur Förderung geordneter Kreditzweitmärkte und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2021/2167 über Kreditdienstleister und Kreditkäufer sowie zur Änderung weiterer finanzmarktrechtlicher Bestimmungen (Kreditzweitmarktförderungsgesetz) aufgenommen. Dieses Gesetz i.d.F. der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (BT-Drs. 20/9782) stand am 14.12.2023 auf der Tagesordnung des Bundestages. Dem bislang nicht zustimmungspflichtigen Gesetz hat der Bundesrat am 15.12.2023 (BR-Drs 656/23) zugestimmt.

Die in das Kreditzweitmarktförderungsgesetz eingefügten steuerrechtlichen Änderungen sind:
•    Streichung der §§ 123–126 EStG (Besteuerung der Gas-/Wärmepreisbremse).
•    Reform und Anpassung der Zinsschranke (§ 4h EStG) entsprechend dem Regierungsentwurf, u.a. Anpassung der Stand-alone-Klausel und des Begriffs der Zinsaufwendungen an die ATAD.
•    Anpassungen des Steuerrechts an die Änderungen durch das Personengesellschaftsrechts-modernisierungsgesetz (MoPeG):

Hierzu werden u.a. die §§ 14a, 14b AO neu eingefügt. Darüber hinaus erfolgt die Anpassung von § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO an den Wegfall des Gesamthandsvermögens bei rechtsfähigen Personengesellschaften sowie die Aufnahme rechtsfähiger Personengesellschaften in die Vorschriften zum Feststellungsverfahren. Neu eingefügt wird § 2a ErbStG, der als Generalklausel für die Erbschaft- und Schenkungsteuer das Vermögen rechtsfähiger Personengesellschaften als Gesamthandsvermögen fingiert und Zuwendungen an eine solche Gesellschaft als Zuwendungen an die Gesellschafter und umgekehrt.

Vergleichbar damit ist die Einfügung eines neuen § 24 GrEStG, der ebenso das Vermögen rechtsfähiger Personengesellschaften als Gesamthandsvermögen für die Grunderwerbsteuer fingiert.

Zur Begründung wird ausgeführt: Zum 1. Januar 2024 treten wesentliche Änderungen des Gesetzes zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) vom 10. August 2021 (BGBl. I S. 3436) in Kraft, insbesondere die weitgehende Aufhebung der Regelungen zur gesamthänderischen Vermögensbindung aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch. Wie bei Kapitalgesellschaften erfolgt ab dem 1. Januar 2024 eine strikte Trennung der Vermögenssphären zwischen Personengesellschaft und Gesellschafter. Insbesondere die Steuervergünstigungen des § 5 Absatz 1 und 2 GrEStG, des § 6 Absatz 3 Satz 1 GrEStG sowie des § 7 Absatz 2 GrEStG, die auf die Gesamthand (Gemeinschaft zur gesamten Hand) abzielen, könnten keinen Anwendungsraum mehr haben.

Wenngleich mit der Prüfung eines etwaigen Anpassungsbedarfs des Grunderwerbsteuergesetzes zeitnah begonnen worden ist, konnte diese nicht rechtzeitig abgeschlossen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Auswirkungen des MoPeG auf die Grunderwerbsteuer als Rechtsverkehrsteuer nicht einhellig beurteilt werden.

Im Hinblick auf die unterschiedliche Beurteilung wird der Status quo im Grunderwerbsteuergesetz mit der Einführung des neuen § 24 GrEStG zunächst für drei Jahre befristet fortgeführt, indem Personengesellschaften weiterhin für Zwecke der Grunderwerbsteuer als Gesamthand fingiert werden. Die hierdurch gewonnene Zeit muss dafür genutzt werden, dass die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern die Prüfung des Anpassungsbedarfs des Grunderwerbsteuergesetzes intensiv fortsetzt. Es soll eine rechtssichere gesetzliche Regelung geschaffen werden, die auch in einer Neugestaltung münden kann. Hierdurch können die Belange der Länder – denen die Verwaltungs- und Ertragskompetenz der Grunderwerbsteuer obliegen – berücksichtigt werden. Gleichzeitig wird Rechtssicherheit für die Wirtschaft und die Finanzverwaltung herbeigeführt.

Da die Prüfung bereits begonnen hat, wird davon ausgegangen, dass innerhalb des vorgesehenen Zeitraums Ergebnisse erzielt werden.

Aus steuerfachlichen Gründen wird die befristete Regelung nicht in § 39 der Abgabenordnung verortet, sondern im Grunderwerbsteuergesetz. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs und der Auffassung der Finanzverwaltung ist § 39 der Abgabenordnung im Grunderwerbsteuerrecht nicht anwendbar. Diese gefestigte Rechtsansicht sollte durch eine Verortung der Regelung zur Beibehaltung des Status quo in § 39 der Abgabenordnung nicht in Frage gestellt werden.

Die laufenden Nachbehaltensfristen der §§ 5 und 6 GrEStG werden nicht alleine durch Inkrafttreten des MoPeG verletzt.

Der weitaus größere Teil des Wachstumschancengesetzes bleibt damit Gegenstand der anstehenden Verhandlungen des Vermittlungsausschusses, die im nächsten Jahr fortgesetzt werden.