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Rechtsbehelfsbelehrung im amtlichen Bescheid

Geht einer Person ein amtlicher Bescheid zu, zum Beispiel ein Kindergeld- oder Steuerbescheid, und wird der Einspruch gegen den Verwaltungsakt erst nach Ablauf eines Monats eingelegt, hat der betreffende Bescheid bereits regelmäßig formelle Bestandskraft erlangt. Die den Bescheid ausstellende Behörde kann den Einspruch dann aufgrund Ablaufs der sogenannten Rechtsbehelfsfrist zurückweisen und für unzulässig erklären. Etwas anderes gilt dann, wenn die Rechtsbehelfsbelehrung, die jeder Bescheid enthalten muss, fehlt oder unvollständig ist. In diesem Fall beträgt die Einspruchsfrist ein Jahr. 
 

Ist die in einem Bescheid erwähnte einmonatige Einspruchsfrist bereits abgelaufen und entscheidet sich der Empfänger des Bescheids dann trotzdem noch, diesen formell anzugreifen, bedarf es eines sehr überzeugenden Arguments, um die scheinbar bereits eingetretene Bestandskraft zu widerlegen. Genau ein solches Argument glaubte die Empfängerin eines Kindergeldbescheides zu haben. 
Eine Familienkasse hob mit Bescheid vom 18.06.2021 die Kindergeldfestsetzung für zwei Kinder rückwirkend auf und forderte rund 9.000 € von der Kindergeldempfängerin zurück. Der Kindergeldbescheid enthielt die folgende Rechtsbehelfsbelehrung: „Dieser Bescheid kann mit dem Einspruch angefochten werden. […] Der Einspruch ist bei der Familienkasse […] schriftlich einzureichen, dieser elektronisch zu übermitteln oder dort zur Niederschrift zu erklären. Die Frist für den Einspruch beträgt einen Monat. […]“. 
Die Empfängerin des Bescheids legte mit Schreiben vom 12.10.2021 – und damit erst mehrere Monate nach Zugang des Kindergeldbescheids – Einspruch gegen die Kindergeldrückforderung ein. Die Familienkasse erklärte den Einspruch dann am 03.12.2021 für unzulässig, da die einmonatige Einspruchsfrist längst abgelaufen war. 
Doch damit wollte sich die Mutter der beiden Kinder nicht abfinden. Sie erhob Klage gegen die Familienkasse und begründete diese mit der Unvollständigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung. Nach Ansicht der Klägerin hätte die Familienkasse ausdrücklich darüber aufklären müssen, dass der Einspruch auch per E-Mail hätte eingelegt werden können. Da das nicht geschehen war, betrage die Einspruchsfrist nicht einen Monat, sondern ein Jahr. Der von der Klägerin eingelegte Einspruch sei daher fristgerecht erfolgt.
 

Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg wies die Klage als unbegründet ab (Urteil vom 05.05.2022 – 16 K 16190/21). Damit wollte sich die Klägerin nicht abfinden und legte daher Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) ein. Auch der BFH sah keinen Grund für die Verlängerung der Einspruchsfrist auf ein Jahr. Denn die Rechtsbehelfsbelehrung im Kindergeldbescheid der Familienkasse war vollständig und richtig. Die Belehrung müsse nicht den klarstellenden Hinweis enthalten, dass der Einspruch auch per E-Mail eingelegt werden könne, so der BFH. 
 

Das Gericht stellte in seinem Beschluss abschließend fest: Wird der Bescheidempfänger darüber informiert, dass der Einspruch schriftlich, elektronisch oder zur Niederschrift einzulegen ist, könne ihm ohne Weiteres zugemutet werden, sich im Zweifel Klarheit über den Begriff „elektronisch“ zu verschaffen. Es besteht zum Beispiel die Möglichkeit, sich Rechtsrat einzuholen oder bei der Familienkasse nachzufragen. Da die Revision als unbegründet zurückgewiesen wurde, war der Einspruch gegen den Kindergeldbescheid erst nach Fristablauf eingelegt worden und die Rückforderung des Kindergelds durch die Familienkasse rechtskräftig (Beschluss vom 17.08.2023 – III R 26/22). 

ö