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Auflösung einer GbR

Ein aktuelles Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) verdeutlicht die Tücken des deutschen Umsatzsteuerrechts, wenn es um die aus umsatzsteuerlicher Sicht korrekte Ausstellung von Rechnungen geht. Ein unrichtiger Steuerausweis in der Rechnung kann erhebliche finanzielle Folgen haben, was der folgende Fall beispielhaft verdeutlicht.
 

Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) mit den Gesellschaftern A und B betrieb Ackerbau auf gepachteten landwirtschaftlichen Flächen. Die Umsätze der Gesellschaft unterlagen der Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG. Im Jahr 2010 vereinbarten die Gesellschafter die Auflösung der GbR im Wege der Realteilung. Die sich im Betriebsvermögen der Gesellschaft befindlichen Wirtschaftsgüter und die vom Unternehmen für die landwirtschaftliche Nutzung gepachteten Flächen wurden auf die Gesellschafter übertragen. 
 

Im Zuge der Auflösung der Gesellschaft stellte die GbR dem Gesellschafter A eine Rechnung über rund 530.000 € zuzüglich Umsatzsteuer für die Übertragung von Wirtschaftsgütern und landwirtschaftlichen Pachtflächen aus. Die in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer belief sich auf rund 50.000 €. Wie auch schon bei den von GbR erbrachten landwirtschaftlichen Leistungen kam in der Rechnung der Durchschnittssteuersatz in Höhe von damals noch 10,7 % zur Anwendung. Als Gegenleistung für die Übertragung der Vermögenswerte wurde in der Rechnung auf die Aufgabe der Gesellschaftsanteile hingewiesen. 
Der aus der GbR ausgeschiedene Gesellschafter A beteiligte sich sodann an einer Kommanditgesellschaft (KG) und überließ dieser die von der GbR auf ihn übertragenen Wirtschaftsgüter und landwirtschaftlichen Flächen zur Nutzung. Die von der GbR in der Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer zog A als Vorsteuer ab. Bis zu diesem Zeitpunkt lief umsatzsteuerlich alles rund, dann aber kam Sand ins Getriebe.
 

Das Finanzamt führte eine Außenprüfung durch und gelangte zu der Feststellung, dass es sich bei der Vermögensübertragung auf A gegen Aufgabe seiner Gesellschaftsanteile um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung handelte. Denn indem A die von der GbR auf ihn übertragenen Wirtschaftsgüter und Flächen der KG zur entgeltlichen Nutzung überließ, war er Erwerber eines Teilbetriebs, der durch die KG in gleicher Weise fortgeführt wurde.
Die Feststellung des Finanzamtes hatte unangenehme finanzielle Folgen. Da die GbR nach Ansicht des Betriebsprüfers in der von ihr ausgestellten Rechnung zu Unrecht Umsatzsteuer (im konkreten Fall unter Ansatz des Durchschnittssteuer­satzes) ausgewiesen hatte und damit von einem unrichtigen Steuerausweis ausgegangen werden musste, erließ das Finanzamt nachträglich einen Umsatzsteuerbescheid und verpflichtete die GbR zur Zahlung der in der Rechnung ausgewiesenen Umsatzsteuer. Da die GbR im Rahmen der Vorschriften für die Durchschnittssatzbesteuerung auch nur die von ihr gesetzlich geschuldete Umsatzsteuer als Vorsteuer hätte abziehen dürfen, schied der Vorsteuerabzug aufgrund des fehlerhaften Umsatzsteuerausweises aus. In der Konsequenz konnte die GbR die Umsatzsteuerforderung des Finanzamtes nicht durch einen Vorsteuerabzug in gleicher Höhe ausgleichen. 
 

Da es im vorliegenden Fall um eine Forderung in Höhe von rund 50.000 € ging, war eine gerichtliche Auseinandersetzung vorprogrammiert. Das Niedersächsische Finanzgericht bestätigte erstinstanzlich zwar die Auffassung des Finanzamtes, dass es sich bei der Übertragung der Geschäftsanteile auf A um einen nicht steuerbaren Vorgang handelte, lehnte eine Zahlungsverpflichtung der GbR aber ab, da die Gesellschaft zum Zeitpunkt der Rechnungserstellung nicht mehr existent gewesen sei und daher der falsche Forderungsadressat war. Aus diesem Grund gab das Gericht der gegen die Entscheidung des Finanzamtes gerichteten Klage statt (Urteil vom 26.07.2019 – 5 K 71/19).
 

Die Freude über den juristischen Erfolg der GbR als Klägerin währte aber nur kurz. Denn im Revisionsverfahren hob der Bundesfinanzhof (BFH) die Entscheidung der Vorinstanz auf und zerpflückte die von der GbR vorgetragenen Argumente, die den BFH dazu bewegen sollten, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. 
 

Das Gericht stellte zunächst fest, dass die GbR der richtige Adressat der Finanzamtsforderung sei, also grundsätzlich Steuerschuldnerin. Darüber hinaus machte der BFH einen strategischen Schachzug der GbR zunichte. Da die GbR nämlich aufgrund der rechtlichen Einschätzung der Vorinstanz befürchten musste, dass auch der BFH von einem unrichtigen Umsatzsteuerausweis in der Rechnung mit der daraus resultierenden Umsatzsteuer-Zahlungsverpflichtung ohne korrespondierenden Vorsteuerabzug ausgehen könnte, entschied sich die GbR dafür, nicht die Steuerschuld selbst im Revisionsverfahren anzugreifen, sondern auf die Karte „Vorsteuerabzug in identischer Höhe“ zu setzen, indem sie die Übertragung der Wirtschaftsgüter (insbesondere landwirtschaftliche Maschinen sowie Feldinventar) und Pachtflächen auf A als Hilfsumsätze ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeit einordnete.
Doch der BFH lehnte eine Einordnung als Hilfsumsätze ab, verwarf demzufolge auch den Ansatz des Durchschnittssteuersatzes und ermittelte die Umsatzsteuerzahllast unter Heranziehung des Regelsteuersatzes von 19 %. Dadurch stieg die Umsatzsteuerschuld der GbR von rund 50.000 € auf über 90.000 €.
In seiner Entscheidung wies der BFH abschließend daraufhin, dass sich selbst bei Annahme einer – wie vom Finanzamt und der Vorinstanz unterstellten – nicht steuerbaren Übertragung der Wirtschaftsgüter und Flächen auf den Gesellschafter A nichts Grundsätzliches am Ergebnis geändert hätte. Denn auch dann wäre der Vorsteuerabzug des in der Rechnung ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrags ausgeschlossen gewesen (Urteil vom 17.08.2023 – V R 3/21).