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Gesetzentwurf zum Jahressteuergesetz 2024

Entlastungen geringer als erwartet
Der Gesetzgeber lässt sich vom Disput um das Jahressteuergesetz (JStG) 2023 nicht irritieren. Obwohl das JStG 2023 nach langen Diskussionen erst kürzlich verkündet wurde, liegt bereits der mit Spannung erwartete Referen-tenentwurf zum JStG 2024 vor. In der 240 Seiten starken Gesetzesbegründung werden notwendige Anpassungen an EU-Recht, EuGH-Rechtsprechung sowie BFH-Rechtsprechung vorgestellt. Auch die Zuständigkeit von Finanzbehörden ändert sich punktuell.
 

Angesichts der Kürzung der Agrardieselvergütung hoffen viele Betriebe auf ein deutliches Entgegenkommen seitens der Regierung, etwa durch eine Wiedereinführung der Tarifglättung oder durch die Schaffung einer Risi-koausgleichsrücklage (s. o.). Die erhofften steuerlichen Entlastungen im Gegenzug für die Agrardieselkürzung fallen aber wohl kleiner aus als erwartet.
 

Die Bundesregierung plant nun offensichtlich, die Tarifglättung rückwirkend zum 01.01.2023 wieder einzu-führen, wobei Ende 2028 erneut ein Auslaufen vorgesehen ist. Zudem werden nach derzeitigem Stand nicht alle Betriebe von diesem Steuermodell profitieren, da juristische Personen ausgeschlossen sind.
Steuerexperten halten den Effekt der Tarifglättung ohnehin für eher gering. Ackerbauern haben beispielsweise in den vergangenen Jahren so gut wie gar nicht davon profitiert. Lediglich Schweinehalter konnten sich über größere Rückerstattungen freuen. Der Entlastungseffekt durch die Tarifglättung wird auf rund 50 Mio. €/Jahr geschätzt. Zum Vergleich: Die Agrardieselrückerstattung beläuft sich auf rund 450 Mio. €/Jahr.
 

Keine Risikoausgleichsrücklage
Anders als von vielen Landwirten erhofft, sieht der Entwurf auch keine Risikoausgleichsrücklage vor. Bundes-wirtschaftsminister Christian Lindner hatte Anfang des Jahres während der Bauernproteste zumindest angekündigt, deren Einführung zu prüfen. 
 

Die Regierung pocht auch auf eine weitere Absenkung des Umsatzsteuersatzes für pauschalierende Betriebe von 9 % auf 8,4 %. Die Änderung des Satzes soll direkt ab dem Tag gelten, an dem das Gesetz verkündet wurde. Das wird die betreffenden Betriebe vor einige Herausforderungen stellen. Bisher war man davon ausgegangen, dass die Absenkung nicht mehr kommen sollte.
 

Im Referentenentwurf finden sich auch in diesem Jahr umfassende Änderungen im Bereich der Umsatzsteuer.
Umsatzsteuerrechtliche Änderungen im Jahressteuergesetz 2024
Folgende Änderungen sind geplant:
•    Verlängerung Übergangsfrist für Körperschaften des öffentlichen Rechts (§ 2b UStG)
•    Besteuerungsort von virtuellen Veranstaltungen/Tätigkeiten (§ 3a Abs. 3 UStG)
•    Steuerbefreiung für Leistungen von Konsortialführern (§ 4 Nr. 8 Buchstabe a und g UStG)
•    Steuerbefreiung für private Bildungsleistungen (§ 4 Nr. 21 UStG) 
•    Steuerbefreiung für sportliche Veranstaltungen (§ 4 Nr. 22 UStG)
•    Betriebshelfer in der Landwirtschaft (§ 4 Nr. 27 Buchstabe b UStG)
•    Besteuerung der Kleinunternehmer (§ 19 UStG)
•    Änderungen im Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG)
 

Anpassungen des UStG an aktuelle Entwicklungen der Rechtsprechung
Neudefinition von Werklieferungen (§ 3 Abs. 4 UStG)
Nach aktuellem Wortlaut des UStG liegt eine Werklieferung vor, wenn der Leistende „einen Gegenstand“ be- oder verarbeitet (§ 3 Abs. 4 Satz 1 UStG). Die Klarstellung, dass es sich für den leistenden Unternehmer dabei nicht um einen „eigenen“, sondern um einen „fremden“ Gegenstand handeln muss, hat der BFH bereits mit Urteil V R 37/10 vom 22.08.2013 vorgenommen. Auch wenn deutlich später, hat auch das BMF mit Schreiben vom 01.10.2020 die Unklarheit im Wortlaut beseitigt. Eine Werklieferung liegt nun auch laut Wortlaut des UStG nur dann vor, wenn ein „fremder“ Gegenstand be- oder verarbeitet wird. Ansonsten handelt es sich bei dem Umsatz um eine Montagelieferung. Die korrekte Zuordnung des Umsatzes ist insbesondere für die Frage nach dem Steu-erschuldner von Bedeutung. Denn bei einer Montagelieferung durch einen ausländischen Unternehmer findet kein Steuerschuldübergang nach § 13b Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5, Abs. 7 UStG auf den Leistungsempfänger statt. Der Leis-tende muss in diesem Fall seine im Inland erbrachte Leistung mit Umsatzsteuer abrechnen.

Abschaffung der Regelung zum Umsatzsteuerlager (§ 4 Nr. 4a UStG)
Die Steuerbefreiung für Lieferungen in Zusammenhang mit der Einlagerung sowie für Lieferungen in einem Umsatzsteuerlager wird aufgehoben.

Unberechtigter Steuerausweis bei Gutschriften (§ 14c Abs. 2 UStG)
Der Anwendungsbereich des § 14c Abs. 2 UStG wird auf Fälle von Gutschriften erweitert. Diese Gesetzesände-rung findet als Reaktion auf das BFH-Urteil V R 23/19 vom 27.11.2019 statt. Nach aktuellem Wortlaut im UStG wird bei Gutschriften keine Steuerschuld nach § 14c Abs. 2 UStG ausgelöst, wenn der Gutschriftempfänger kein Unternehmer ist.

Änderungen beim Zeitpunkt des Vorsteuerabzugs (§ 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 2 UStG)
Zukünftig wird zwischen verschiedenen Zeitpunkten eines Vorsteuerabzuges unterschieden, je nachdem ob sich dieser aus der Rechnung  
•    eines Soll-Versteuerers,
•    eines Ist-Versteuerers oder 
•    aus einer Anzahlungsrechnung ergibt.

Vorsteueraufteilung (§ 15 Abs. 4 UStG)
Mit einer Neuformulierung wird klargestellt, dass im Fall einer Vorsteueraufteilung eine Berechnung der nicht abzugsfähigen Vorsteuern nach dem Gesamtumsatzschlüssel nur dann zulässig ist, wenn es sich bei diesem Schlüssel um den einzigen möglichen Aufteilungsmaßstab handelt. Der Gesamtumsatzschlüssel ist zudem nach-rangig zu anderen, präziseren und sachgerechten Aufteilungsmethoden anzuwenden.

Besteuerung in Land- und Forstwirtschaft (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Nummer 3 und Satz 3 UStG)
Die geschuldete Steuer und die Vorsteuerpauschale für Landwirte für bestimmte Umsätze werden auf 8,4 % angepasst. 
 

Inkrafttreten und Ausblick
Das Inkrafttreten der Änderungen wurde für einen großen Teil der Vorschriften noch nicht terminiert. Die Neuregelung zur Besteuerung von Kleinunternehmern soll ab 01.01.2025 gelten. Die Aufhebung der Steuerbefreiung für Umsätze in einem Umsatzsteuerlager sowie weitere Anpassungen der UStDV sind hingegen erst für den 01.01.2026 vorgesehen.
Das Gesetzgebungsverfahren hat erst begonnen. Der aktuelle Stand entspricht daher sehr wahrscheinlich noch nicht der finalen Fassung. Gleichwohl stammen viele Vorgaben aus dem EU-Recht bzw. der EU-Rechtsprechung, deshalb dürfte ein Großteil der Regelungen zumindest sinngemäß der Endfassung nahekommen.