Eine Steuerpflichtige arbeitete bis 2016 in Deutschland. Das Arbeitsverhältnis endete einvernehmlich gegen Vereinbarung einer Abfindung. Die Abfindung wurde jedoch erst im darauffolgenden Jahr ausgezahlt, als die Steuerpflichtige schon auf Malta lebte.
Bis 2016 konnte eine solche Abfindung aus Anlass der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses in Deutschland vollständig steuerfrei sein, wenn der Zahlungsempfänger bei Auszahlung seinen Wohnsitz in einem Land hatte, das nach einem Doppelbesteuerungsabkommen vorrangig das Besteuerungsrecht hatte.
Ab 2017 änderte sich die Rechtslage; deshalb berücksichtigte das Finanzamt die erst im Jahr 2017 ausgezahlte Abfindung bei der Einkommensteuer 2017.
Hiergegen ging die Steuerpflichtige zuerst erfolglos ins Einspruchsverfahren und zog dann vor das FG Hessen. Dort argumentierte sie mit Vertrauensschutz. Hätte sie gewusst, dass sich die Rechtslage ändert, hätte sie auf einer Auszahlung der Abfindung schon im Jahr 2016 bestanden. Eine Rückwirkung von Gesetzen sei im Steuerrecht zudem generell unzulässig. Das sahen die Hessischen Finanzrichter anders.
Die Steuerpflichtige hätte aus Sicht der Richter ohne Weiteres darauf drängen können, dass die Zahlung der Abfindung noch im Jahr 2016 erfolgt. Bei der Abwägung ihres Vertrauens auf Fortgeltung der alten Rechtslage mit dem durch die Gesetzesänderung verfolgten Interesse der Allgemeinheit an der Sicherung des Steueraufkommens sei das Allgemeininteresse jedenfalls höher zu gewichten (FG Hessen, Urteil vom 21.11.2023 – 10 K 1421/21 Revision eingelegt, Az. BFH VI R 3/24).
In aller Regel ist es tatsächlich so, dass Steuergesetze nicht rückwirkend gelten dürfen. Im vorliegenden Einzelfall sahen die Finanzrichter das jedoch anders, ließen aber die Revision zu. Diese hat die Steuerpflichtige nun auch eingelegt. Ergebnis? Offen.
Fachinformationen
27.05.2024