Steuernachrichten 15/17 – 02.2011 –In einem Urteil vom 16.12.2010 (Az.: 5 K 36 26/03) hält das Finanzgericht Münster (FG) die durch das Jahressteuergesetz (JStG) 2010 rückwirkend angeordnete Besteuerung von Erstattungszinsen für verfassungsgemäß.
Im vorliegenden Fall hatten die Kläger im Streitjahr aufgrund von Einkommensteuererstattungen Erstattungszinsen vom Finanzamt erhalten. Gleichzeitig mussten sie aufgrund von Steuerforderungen für andere Jahre Nachzahlungszinsen zahlen. Die Kläger waren der Auffassung, dass entweder die Erstattungszinsen steuerfrei oder aber die Nachzahlungszinsen steuerlich absetzbar sein müssten.
Das FG sah dies jedoch nicht so. Erstattungszinsen seien durch das JStG 2010 steuerpflichtige Erträge aus Kapitalforderungen. Die Gesetzesänderung gelte auch für den vorliegenden Fall, da sie nach dem Jahressteuergesetz auf alle Fälle anwendbar sei, in denen die Steuer noch nicht rechtskräftig festgesetzt sei. Das FG sieht in der sich daraus ergebenden Rückwirkung der Neuregelung keinen Verstoß gegen die Verfassung. Eine echte Rückwirkung sei zwar nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Nach der Entscheidung des FG liegen diese hier jedoch vor, da der Gesetzgeber mit der Neuregelung lediglich eine Gesetzeslage geschaffen habe, die der vor der Änderung der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Juni 2010 gefestigten Rechtsprechung und Rechtspraxis entspreche.
Der BFH hatte in dem Urteil entschieden, dass Zinsen, die der Steuerpflichtige an das Finanzamt zahlt (Nachzahlungszinsen), zu den nicht abziehbaren Ausgaben gehören und dass Zinsen, die das Finanzamt an den Steuerpflichtigen zahlt (Erstattungszinsen), beim Empfänger nicht der Besteuerung unterliegen, soweit sie auf Steuern entfallen, die gem. § 12 Nr. 3 EStG nicht abziehbar sind. Weiter führt das FG aus, dass Erstattungszinsen von der Rechtsprechung ursprünglich als Einkünfte aus Kapitalvermögen angesehen worden seien. Diese Rechtsprechung habe der BFH erst in seiner Entscheidung vom 15.6.2010 aufgegeben. Hierauf habe der Gesetzgeber reagiert und mit der Änderung des § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG die vormals geltende Rechtslage wieder hergestellt.
Auch hinsichtlich ihres Begehrens der Berücksichtigung der von ihnen entrichteten Nachzahlungszinsen als Sonderausgaben blieb die Klage ohne Erfolg. Die ursprüngliche Abzugsmöglichkeit besteht laut Gericht bereits seit dem Jahr 1999 nicht mehr. Die klare gesetzgeberische Entscheidung, einerseits Erstattungszinsen als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu besteuern und andererseits Nachzahlungszinsen nicht zum Abzug zuzulassen, sei nicht zu beanstanden. Der Gesetzgeber sei nicht verpflichtet, parallele Regelungen zu schaffen.
Vorliegend hat das FG die Revision beim BFH zugelassen (Az.: VIII R 1/11); eine Terminierung beim BFH hat noch nicht stattgefunden. Gem. einer Kurzinfo der OFD Rheinland v. 12.1.2011 ruhen Einsprüche bzgl. der Steuerbarkeit von Erstattungszinsen kraft Gesetzes. Anträgen auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) ist bisher entsprochen worden, weil die Gesetzeslage vor Verkündung des JStG 2010 unklar war. Die AdV ist vorerst nicht zu widerrufen, sofern der Einspruch aufgrund des neuen anhängigen Verfahrens weiterhin ruhen kann. Bei erstmaliger Bearbeitung eines Antrags auf AdV nach Inkrafttreten des JStG 2010 am 14.12.2010 ist dieser aufgrund der nunmehr klaren Rechtslage abzulehnen.