Kernaussage
Inwieweit ein Grundstück, das über 100 km von einer Hofstelle entfernt liegt, noch dem notwendigen oder gewillkürten Betriebsvermögen eines aktiv bewirtschafteten oder verpachteten land- und forstwirtschaftlichen Betriebs zugeordnet werden kann, entschied kürzlich der Bundesfinanzhof (BFH).
Sachverhalt
Der Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebs, der von 1992 bis 2005 als Ganzes verpachtet war, kaufte im Jahr 1996 eine rund 80 km entfernte landwirtschaftlich genutzte Fläche. Zum Zeitpunkt des Flächenkaufs war diese noch bis 2002 an einen dritten Landwirt verpachtet. Der Pachtvertrag wurde bis Ende September 2005 jeweils um ein weiteres Jahr verlängert. Ab Oktober 2005 ließ der Eigentümer sowohl seinen Betrieb als auch die erworbene Fläche durch einen Lohnunternehmer bewirtschaften. Der Kauf der Fläche wurde mittels einer gewinnmindernden, gebildeten, aus Flächenverkäufen resultierenden Rücklage finanziert, die in voller Höhe auf die neue Fläche übertragen wurde. Die neue Fläche wurde in der Bilanz 1996/97 ausgewiesen und die gebildete Rücklage erfolgsneutral aufgelöst. Aus Sicht des Betriebsprüfers war die neue Fläche nicht dem Betriebsvermögen zuzuordnen, da nach dessen Auffassung insbesondere eine Distanz von 80 km einen einheitlichen Betrieb faktisch unmöglich mache. Infolgedessen sei die zuvor gebildete Rücklage nicht auf die Fläche übertragbar und müsse gewinnerhöhend aufgelöst werden. Dagegen klagte der Eigentümer und unterlag schließlich vor dem BFH.
Entscheidung
Nach Ansicht der Richter war eine gewinnneutrale Auflösung der Rücklage nicht möglich. Allerdings sei die Zuordnung einer zusätzlich erworbenen Fläche zum Betriebsvermögen nicht ausschließlich von der räumlichen Distanz sowie dem zwischen dem Kauf und dem Bewirtschaftungsbeginn liegenden Zeitraum abhängig. So sei für eine Zuordnung zum Betriebsvermögen vielmehr entscheidend, ob sich für den Betrieb das Gesamtbild eines einheitlichen Betriebs ergebe. Ein solches besteht allgemein dann, wenn eine hohe Intensität zwischen den einzelnen Betriebsteilen existiert, welche durch das Bestehen eines wirtschaftlichen, finanziellen und organisatorischen Zusammenhangs gekennzeichnet ist. Hinsichtlich der räumlichen Nähe zum Betrieb zieht der BFH die Grenze bei 100 km; bei größeren Entfernungen ist eine Zuordnung zum Betriebsvermögen nicht mehr gegeben.
Konsequenz
Ist sowohl die Entfernung zwischen den Betriebsteilen als auch der Bewirtschaftungsbeginn in Hinblick auf das Gesamtbild eines einheitlichen Betriebs kritisch zu beurteilen, ist darauf zu achten, bereits zum Zeitpunkt des Kaufs Indizien zu schaffen, die ein solches Gesamtbild stärken. So sind z. B. noch existierende Pachtverträge frühestmöglich zu kündigen. Besteht eine größere Entfernung zwischen den Betriebsteilen, sollte durch eine ausreichende Dokumentation die Verflechtung der Betriebsteile nachgewiesen werden.