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Bauvorhaben auf anderem Grundstück: Keine verlängerte 6b-Frist

Vor Ablauf der 4-jährigen Reinvestitionsfrist nach § 6b EStG liegt kein begünstigter Herstellungsbeginn vor, der zu einer Verlängerung der Frist auf 6 Jahre führt, wenn das geplante Gebäude auf einem anderen Grundstück errichtet wird als in der Planung vorgesehen. Nach Auffassung des BFH in seinem Urteil vom 14.3.2012 – IV R 6/09 muss das konkrete Investitionsvorhaben noch innerhalb der allgemeingültigen Reinvestitionsfrist von 4 Jahren in Gang gesetzt werden. In dem entschiedenen Fall war der Steuerpflichtige nach § 6b Abs. 3 Satz 1 EStG berechtigt, eine Rücklage hinsichtlich zweier von ihm landwirtschaftlich genutzter Flurstücke zu bilden. Nach § 6b Abs. 3 Satz 1 EStG können Steuerpflichtige, die den Abzug nach Abs. 1 der Vorschrift nicht vorgenommen haben, im Wirtschaftsjahr der Veräußerung eine den steuerlichen Gewinn mindernde Rücklage bilden.

Nach § 6b Abs. 3 Satz 2 EStG können Steuerpflichtige bis zur Höhe der Rücklage von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten der in Abs. 1 Satz 2 bezeichneten Wirtschaftsgüter, die in den folgenden vier Wirtschaftsjahren angeschafft oder hergestellt worden sind, im Wirtschaftsjahr ihrer Anschaffung oder Herstellung einen Betrag abziehen. Die Frist von vier Jahren verlängert sich nach § 6b Abs. 3 Satz 3 EStG bei neu hergestellten Gebäuden auf sechs Jahre, wenn mit ihrer Herstellung vor dem Schluss des vierten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres begonnen worden ist.

§ 6b EStG dient dem Zweck, die aufgrund bestimmter Veräußerungsvorgänge freiwerdenden stillen Reserven steuerrechtlich nicht sofort zu erfassen, sondern sie auf ein Reinvestitionsgut zu übertragen. Nach dem Gesetzeszweck wird mit der Herstellung eines Gebäudes nicht erst mit dem Beginn der Bauarbeiten begonnen. Vielmehr ist die vorausgehende Einreichung des Bauantrags jedenfalls dann maßgebend, wenn das Bauvorhaben aufgrund des Bauantrags später tatsächlich innerhalb der Sechsjahresfrist durchgeführt wird. Als Beginn der Herstellung kann deshalb auf einen Zeitpunkt vor dem Beginn der Bauarbeiten abgestellt werden, weil die Planung und die Errichtung eines Bauwerks einen einheitlichen Vorgang bilden. Die Ernsthaftigkeit der Reinvestitionsabsicht wird deshalb auch dadurch in einer objektiv nachprüfbaren Weise kenntlich gemacht, dass der Steuerpflichtige die erforderlichen Planungsarbeiten durchführt und einen Antrag auf Baugenehmigung mit den erforderlichen Unterlagen stellt, soweit das Bauwerk alsdann auch innerhalb der verlängerten Reinvestitionsfrist fertiggestellt wird. Wird allerdings stattdessen ein von den Konkretisierungen im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens abweichendes Gebäude errichtet, so entfällt die Übertragungsmöglichkeit, denn der Gesetzeswortlaut verlangt, dass mit der Herstellung des später tatsächlich errichteten Gebäudes bereits vor dem Ende des vierten auf das Veräußerungsjahr folgenden Wirtschafts-jahres begonnen wurde. Die Stellung eines Bauantrages kann deshalb nur dann als Beginn der Herstellung angesehen werden, wenn er sich auf das später tatsächlich errichtete Gebäude bezieht und dieses hinreichend konkretisiert.

Im Streitfall war zu berücksichtigen, dass der Steuerpflichtige nur eine Bauvoranfrage gestellt hatte. Die Bauvoranfrage führt nicht wie ein Bauantrag zu einer Baugenehmigung. Selbst wenn man aber eine Bauvoranfrage dem Bauantrag gleichstellen wollte, so genügt es jedenfalls nicht, wenn die Bauvoranfrage zwar vor dem Ablauf der Vierjahresfrist des § 6b Abs. 3 Satz 3 EStG für ein bestimmtes Grundstück gestellt wird, sie aber aus baurechtlichen Gründen an dem geplanten Standort abgelehnt wird und sich das geplante Bauvorhaben dort nicht verwirklichen lässt. Durch die Ablehnung haben sich die in einem Bauantrag bzw. einer Bauvoranfrage konkretisierten Planungsarbeiten verbraucht.