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Rücklage für Ersatzbeschaffungen: Reinvestitionsfrist und Investitionsabsicht

Mit Urteil vom 12.1.2012 – IV R 4/09 hat der Bundesfinanzhof (BFH) die Reinvestitionsfrist verlängert.

Der BFH bemisst die Reinvestitionsfrist in dieser Entscheidung entsprechend dem Rechtsgedanken des § 6b Abs. 3 Sätze 2 und 3 Einkommensteuergesetz (EStG) auf einen Zeitraum von vier Wirtschaftsjahren nach der Bildung der Rücklage. Für die Herstellung eines neuen Gebäudes beträgt die Reinvestitionsfrist nach den Ausführungen des BFH sechs Jahre. Die Verwaltung ging bisher von einer angemessenen Frist von einem Jahr, bei Grundstücken und Gebäuden von zwei Jahren aus.

Dabei kommt es im Unterschied zur Bestimmung in § 6b Abs. 3 Satz 3 EStG nicht auf einen bestimmten Herstellungsbeginn an, da die Bildung der Rücklage für eine Ersatzbeschaffung bereits den Nachweis der Investitionsabsicht erfordert und demnach auch die Umsetzung dieser Absicht regelmäßig zu einem frühzeitigen Herstellungsbeginn führt. Eine darüber hinausgehende Fristverlängerung im Einzelfall gibt es nicht. Sollte das Ersatzwirtschaftsgut bis zum Fristablauf nicht angeschafft bzw. hergestellt worden sein, ist die Rücklage bei Fristablauf gewinnerhöhend aufzulösen.

Der BFH führt aus, dass widerleglich vermutet wird, dass die bei Bildung der Rücklage nachgewiesene Investitions-absicht bis zum Fristablauf fortbesteht. Sofern jedoch festgestellt werden sollte, dass die Investitionsabsicht vor Ablauf der Reinvestitionsfrist aufgegeben worden ist, ist die Rücklage für die ursprünglich geplante Ersatzbeschaffung zum Zeitpunkt der Aufgabe dieser Absicht aufzulösen. Vorliegend übernahm S im Juli 1998 den landwirtschaftlichen Betrieb seines Vaters (V). Im August 1996 war eine Scheune dieses Betriebs abgebrannt. Zum 30.6.1997 bilanzierte V eine Forderung gegenüber der Brandversicherung; in gleicher Höhe bildete V eine Rücklage für eine Ersatzbeschaffung. Zum 30.6.1998 bestand nach einer teilweisen Instandsetzung sowie Teilzahlungen noch eine Restforderung. Diese wurde von S in die Bilanz zum 1.7.1998 unter Minderung der Rücklage übernommen. Forderung und Rücklage wurden von S zum 30.6.2001 unverändert ausgewiesen. Das Finanzamt löste die Rücklage bei den Veranlagungen 2001/2002 auf und erhöhte den Gewinn des Wirtschaftsjahres 2001/2002 entsprechend. S klagte gegen diese Entscheidung, jedoch ohne Erfolg. Das Finanzgericht wies die Klage ab, da das Fortbestehen der Ersatzbeschaffungsabsicht durch S nicht substanziiert dargelegt werden konnte.

Die Rücklage war aufzulösen, fraglich war nur, wann. Eine Rücklage für eine Ersatzbeschaffung bedeutet, dass der durch die Ersatzleistung realisierte Gewinn neutralisiert wird. Die Bildung einer Rücklage setzt jedoch voraus, dass die Absicht einer Ersatzbeschaffung auch besteht. Diese Absicht muss dargelegt werden. Bei einer erst-maligen Bildung ist ein ordnungsgemäßer Ausweis in der Bilanz ausreichend. Eine fortbestehende Absicht wird widerleglich vermutet. Eine gewinnerhöhende Auflösung der Rücklage ist erforderlich, wenn die Ersatzbeschaf-fungsabsicht aufgegeben wird. Außerdem ist sie dann aufzulösen, wenn die Reinvestition nicht innerhalb einer bestimmten Frist durchgeführt wird.

In dem vom BFH entschiedenen Fall hatte das FG angenommen, der Kläger habe die Absicht der Ersatz-beschaffung schon zum 30. Juni 2002 aufgegeben. Diese Annahme sah das höchste deutsche Steuergericht indessen nicht durch entsprechende Feststellungen gedeckt. Aus dem Umstand, dass der Kläger nach Über-nahme des Hofes die Errichtung einer Stahlhalle anstelle der zunächst teilweise instandgesetzten Holzscheune plante, sei nicht auf eine Aufgabe der Investitionsabsicht zu schließen, weil die Stahlhalle funktional an die Stelle der Scheune treten sollte und damit ein geeignetes Ersatzwirtschaftsgut war.