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Traktatländereien und Progressionsvorbehalt

Mit sogenannten Traktatländereien hat sich das Finanzgericht Köln (FG) in seinem Urteil vom 5.9.2012 – 4 K 351/11 befasst.

Der klagende Landwirt erzielt Einkünfte aus Land-und Forstwirtschaft. Er betreibt einen Mischbetrieb mit Ackerbau und Milchwirtschaft. Bei seinem Betrieb handelt es sich um einen grenzüberschreitenden Betrieb, bei dem die Hofstelle sowie 63 Hektar in Deutschland sowie 9 Hektar in den Niederlanden (sogenanntes Traktatland) liegen.

Die in den Niederlanden bewirtschafteten Flächen stehen im Eigentum Dritter. Alle Flächen liegen in einem Umkreis von weniger als 10 Kilometer zur Hofstelle.

Der erzielte Gewinn wurde auf Deutschland und die Niederlande nach der zwischen den beiden Ländern getroffenen Verständigungsvereinbarung vom 9.11.2001 aufgeteilt. Der Kläger erklärte in seiner Einkommen-steuererklärung für das Jahr 2008 nur die in Deutschland steuerpflichtigen Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Das Finanzamt unterwarf auch die anteilig auf die Niederlande entfallenden Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Einkommensteuergesetz (EStG).

Der Kläger ist der Auffassung, dass der Progressionsvorbehalt für die niederländischen Einkünfte ab dem Veranlagungszeitraum 2008 nicht mehr greife. Die Regelung des § 32b Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG (in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2009 – erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 anzuwenden) gelte auch für die Traktatländereien bei grenzdurchschnittenen landwirtschaftlichen Betrieben. Er begründete dies damit, dass die bewirtschafteten Flächen in den Niederlanden nach seiner Meinung eine Betriebsstätte darstellten. Das Finanzgericht Köln folgte der Meinung des Klägers. Für das Finanzgericht stellen die vom Kläger in den Nieder-landen bewirtschafteten Flächen eine Betriebsstätte dar. Demnach unterliegen die auf diese Flächen entfallenden Einkünfte auch nicht dem Progressionsvorbehalt in Deutschland.

Die Anwendung des Progressionsvorbehalts war dem Finanzamt untersagt, da die Einkünfte aus den nieder-ländischen Flächen aus einer nicht in einem Drittland gelegenen Betriebsstätte stammen. Die in den Niederlanden gelegenen Flächen stellen eine Betriebsstätte dar. Die Beurteilung des Vorliegens einer Betriebsstätte richtet sich nach innerstaatlichem Recht (§ 12 Abgabenordnung) und nicht nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit den Niederlanden.

Die vom Kläger bewirtschafteten Flächen erfüllen die Voraussetzungen des § 12 AO und sind danach eine Betriebs-stätte, also eine feste Geschäftseinrichtung oder An­lage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Durch die Anfügung des Adjektivs „fest“ ergibt sich, dass eine Geschäftseinrichtung oder Anlage örtliche, zeitliche und rechtliche Kriterien zu erfüllen hat. Fest im Sinne der Norm ist die Geschäftseinrichtung oder Anlage in zeitlicher und örtlicher Hinsicht, wenn sie einen Bezug zu einem bestimmten Teil der Erdoberfläche aufweist und dieser von einer gewissen Dauer und nicht nur vorübergehend ist. Rechtlich darf die Einrichtung oder Anlage nicht nur der vorübergehenden Verfügungsnacht des Unternehmens unterliegen.

Diese Voraussetzungen sind bei den durch den Kläger bewirtschafteten in den Niederlanden gelegenen Flächen erfüllt. Sie liegen auf einem bestimmten Teil der Erdoberfläche, sie sind von einer dauernden Beständigkeit und unterlagen nicht einer nur vorübergehenden Verfügungsmacht des Klägers.